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«Das ist der Tiefpunkt meiner politischen Karriere»

Die Schweiz sagt Ja zu mehr Diskriminierungsschutz für Schwule, Lesben und Bisexuelle. 63,1 Prozent sagen Ja zur Gesetzesänderung. Die Wohn-Initiative bekam hingegen mit 57,1 Prozent Nein eine Abfuhr.
Publiziert: 09.02.2020 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2020 um 08:26 Uhr
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63,1 Prozent sagen Ja zur Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm auf Schwule, Lesben und Bisexuelle.
Foto: Plainpicture

Im Restaurant Grosse Schanze in Bern war die Party schon in vollem Gang, noch bevor das endgültige Ergebnis feststand. Mit Cüpli, Regenbogenfahnen und einer Dragshow feierte das Ja-Komitee den sich abzeichnenden Sieg bei der Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm auf Lesben, Schwule und Bisexuelle. Mit 63,1 Prozent hat die Stimmbevölkerung die Gesetzesänderung angenommen.

Das ist zwar etwas weniger deutlich als in den Umfragen im Vorfeld des Abstimmungssonntags, aber dennoch ein grosser Erfolg für die LGBTQ-Community und ihre Unterstützer. Sie konnten vor allem auf die Städterinnen und Städter sowie die Westschweizer Bevölkerung zählen. Einzig in den ländlichen Kantonen Uri, Schwyz und Appenzell-Innerrhoden war eine Mehrheit dagegen, die Anti-Rassismus-Strafnorm auch auf die sexuelle Orientierung auszuweiten.

Schon am 1. Juli in Kraft?

Heute kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe bestraft werden, wer öffentlich gegen jemanden wegen seiner Rasse, Religion oder Ethnie zu Hass aufruft oder ihn diskriminiert. Künftig fallen auch Lesben, Schwule und Bisexuellen unter den Schutz der Strafnorm. Die neue Regelung könnte bereits am 1. Juli in Kraft treten, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter (56) an der Medienkonferenz kurz nach Bekanntwerden des endgültigen Ergebnisses.

Keller-Sutter bemühte sich, die Ängste der Gegner zu zerstreuen. EDU und Junge SVP hatten das Referendum gegen die Gesetzesänderung ergriffen. Sie warnten im Wahlkampf von einem «Zensurgesetz», das die freie Meinungsäusserung bedrohe. «Wer respektvoll bleibt, muss keine Angst vor einer Verurteilung haben», betonte hingegen Keller-Sutter. Die Erfahrung zeige, dass die Gerichte die Strafnorm bisher nur sehr zurückhaltend angewandt hätten.

Miet-Initiative hatte keine Chance

Im Kulturzentrum Progr hatte man derweil nichts zu feiern. Hier haben die Initianten der Wohn-Initiative dem Abstimmungsergebnis entgegengefiebert. Sie wurden enttäuscht: Die Initiative des Mieterverbands, die von den linken Parteien unterstützt wurde, hat das Stimmvolk mit 57,1 Prozent abgeschmettert.

Die Initiative forderte, dass mindestens jede zehnte Wohnung, die neu gebaut wird, gemeinnützig ist. Um Wohnbaugenossenschaften zu fördern, hätten Kantone zum Beispiel ein Vorkaufsrecht für sich und Gemeinden einführen können. Zudem sollte verhindert werden, dass Subventionsprogramme für energetische Sanierungen von Vermietern für Luxussanierungen missbraucht werden.

«Ich bin oberfrustriert»

Dazu kommt es nun nicht. Trotz des Neins fördert der Bund den gemeinnützigen Wohnungsbau künftig aber stärker. Schon ab diesem Jahr fliessen die nächsten zehn Jahre 25 Millionen Franken pro Jahr zusätzlich in einen Fonds, aus dem Genossenschaften zinslose Darlehen gewährt werden. Das hat das Parlament bereits beschlossen.

Besonders weh tut die Niederlage SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (58). «Ich bin oberfrustriert», sagte sie zu BLICK. «Das ist der Tiefpunkt meiner politischen Karriere.» Die 250-Millionen-Geldspritze des Bundes ist aus ihrer Sicht ein «Witz».

100% Nein in Walliser Dörfchen

Wie beim Anti-Rassismus-Referendum zeigte sich auch bei der Wohn-Initiative eine tiefer Graben zwischen Deutsch- und Westschweiz sowie Stadt und Land. Genf, Waadt, Neuenburg, Jura sagten Ja, in der Deutschschweiz einzig Basel-Stadt. In Bern und Zürich stimmten fast zwei Drittel dem Anliegen zu. In Lausanne sogar beinahe 75 Prozent.

Am grössten war die Ablehnung derweil in einem kleinen Walliser Dörfchen ganz am Rand der Schweiz: In Zwischbergen südlich des Simplonpasses stand auf 29 von 29 eingegangenen Stimmzetteln ein Nein. Hier sollte SP-Frau Badran sich wohl besser nicht von der Abstimmungsschlappe erholen.

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