Foto: Jean-Guy Python/Independant

Dabei gab sich Charles Morerod als Kämpfer gegen Missbrauch
Bischof versagt bei Pädo-Priester

Bischof Charles Morerod galt als Vorkämpfer gegen Pädophilie in der katholischen Kirche. Doch: Alles deutet darauf hin, dass er im Fall eines Freiburger Pfarrers selber jahrelang geschwiegen hat.
Publiziert: 05.02.2020 um 23:03 Uhr
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Pierre E. soll vom Freiburger Pfarrer Paul F. sexuell missbraucht worden sein.
Foto: Screenshot SRF
Daniel Ballmer

Jahrelang liess sich Bischof Charles Morerod (58) als Vorkämpfer gegen Pädophilie in der katholischen Kirche feiern. Doch nun gerät der Vorsteher des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg just in dieser Frage unter Druck. Auslöser ist der Fall eines Freiburger Pfarrers, der vor über 20 Jahren einen damals 17-Jährigen sexuell missbraucht haben soll. Erst diesen Montag aber ist Pfarrer Paul F.* vom Dienst suspendiert worden.

Durch den Fall gerät auch Bischof Morerod in die Kritik. Immerhin soll er schon seit 2011 vom Missbrauch gewusst haben. Jahre vergingen. Nichts geschah. Erst Ende 2019 habe er die Polizei informiert. Und das nur unter Druck der Öffentlichkeit, wie Recherchen von «Tages-Anzeiger» und SRF-«Rundschau» zeigen.

Im Widerspruch zu früheren Aussagen

Dieses Verhalten will gar nicht zusammenpassen mit früheren Aussagen des Bischofs. Immer wieder hatte Morerod versichert, dass innerhalb der katholischen Kirche ein «enormer Sinneswandel» stattgefunden habe. Sogar Papst Franziskus (83) habe klare Zeichen gesetzt und zu schonungsloser Transparenz aufgerufen. «Die Verbrechen, aber auch das Gesetz des Schweigens, mit dem sie oft umgeben waren, werden streng bestraft», betonte Morerod im Februar 2017.

Zudem hatte Morerod Opfer mehrfach dazu aufgefordert, sich bei den Justizbehörden zu melden. Die katholische Kirche in der Schweiz sei sich heute «des verheerenden Charakters der Pädophilie» bewusst. Strafpredigten änderten daran nichts. Und eine Versetzung erlaube einem fehlbaren Priester bloss, anderswo weiterzufahren.

Die Fälle sollen nicht ungesühnt bleiben

Auch im Zweifelsfall wolle die Kirche selber Kontakt mit den Behörden aufnehmen. Und sogar mittlerweile strafrechtlich verjährte Fälle sollen nicht ungesühnt bleiben. Diese würden zumindest Gegenstand eines kanonischen Verfahrens, versicherte Morerod. Dafür gebildete Kommissionen würden sich um Wiedergutmachung kümmern.

Nun aber zeigt sich allmählich ein ganz anderes Bild: Morerod soll schon seit Jahren von dem Fall gewusst und nichts getan haben. Schon unter seinem Vorgänger sei es zur Aussprache gekommen. Als Morerod 2017 Bischof wurde, habe ihm die damalige Westschweizer Opferkommission das Dossier zu dem Missbrauchsfall übergeben.

Es bleiben Widersprüche

Doch: Erst als sich Morerod im vergangenen Dezember mit den journalistischen Recherchen konfrontiert sah, will er die Papiere entdeckt und der Polizei übergeben haben – allerdings nur gerade eine Seite davon. Gegenüber der Nachrichtenagentur SDA habe eine Sprecherin der Diözese diese Darstellung kategorisch dementiert. Für BLICK war der Bischof am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Für Pfarrer Paul F. gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung. Bischof Morerod will der laufenden kirchlichen Voruntersuchung nicht vorgreifen. Der Eindruck aber bleibt: Schonungslose Transparenz geht anders.

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