Chef leistet sich Millionen-Villa, Firma legt Gewinn nicht offen
Texaid-Geheimnistuerei setzt Hilfswerke unter Druck

Ein Bauprojekt des Texaid-Chefs hat Fragen zum Profit von karitativen Altkleidersammlungen aufgeworfen. Die Hilfswerke wollen nun für mehr Durchblick sorgen.
Publiziert: 25.02.2019 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2020 um 21:27 Uhr
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Nicht nur im Sammelcontainer ist es dunkel: Auch der Gewinn, den Texaid erzielt, bleibt geheim.
Foto: Siggi Bucher
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Sermîn FakiPolitikchefin

Der Chef des Schweizer Altkleiderunternehmens Texaid hat sich im steuergünstigen Baar ZG zwei Villen mit Umschwung gekauft. Er will sie abreissen und durch neue Immobilien ersetzen lassen. Gemäss Bauplänen und Schätzungen von Immobilienexperten kostet das Projekt locker zehn Millionen Franken, wie der SonntagsBlick berichtet.

Da stellt sich die Frage: Stammt das Geld aus dem Altkleidergeschäft? Lässt sich so viel Geld mit Kleidern verdienen, die Schweizerinnen und Schweizer aus einem karitativen Gedanken heraus in die Sammlung geben?

Der Gewinn bleibt geheim – noch

Beantworten lässt sich das nicht – denn Texaid ist eine privatrechtliche Aktiengesellschaft und legt die Jahresrechnung nicht offen. So weiss man zwar, dass Texaid etwa 100 Millionen Franken im Jahr erwirtschaftet. Doch wie gross der Gewinn ist und wie er zwischen den Aktionären aufgeteilt wird, ist unbekannt.

Martina Ziegerer, Geschäftsleiterin der Schweizerischen Zertifizierungsstelle für gemeinnützige Spenden sammelnde Organisationen (Zewo), bestätigte gegenüber dem SonntagsBlick: «Da die Texaid AG ihre Jahresrechnung nicht veröffentlicht, ist nicht nachvollziehbar, welcher ­Anteil des Gewinns im Unternehmen bleibt, wie viel an die privaten Investoren ausgeschüttet wird und welchen Anteil die Hilfswerke erhalten.»

Noch. Denn bei jenen sechs Hilfswerken, die Teilhaber von Texaid sind, hat die Berichterstattung von SonntagsBlick etwas ausgelöst. «Die Hilfswerke werden die Frage der Transparenz miteinander diskutieren», kündigt Sabine Zeilinger, Sprecherin des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), an.

Spender erwarten mehr Transparenz

Neben dem SRK sind auch Caritas, Heks, Kolping, Winterhilfe und Solidar Suisse bei Texaid an Bord. Sie haben das Unternehmen 1978 gegründet, gemeinsam mit einem privaten Partner, der die Altkleidersammlung und -verwertung operativ übernahm. Es handelte sich um den Grossvater des heutigen Texaid-CEOs mit den Villen in Baar.

Noch heute gehören 50 Prozent des Unternehmens den Hilfswerken. Auch wenn die Nichtoffenlegung der Jahresrechnung juristisch korrekt ist, erwarten Spender deshalb mehr Transparenz, handelt es sich doch um Organisationen, die sie mit Geld unterstützen.

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Falsches Bild in der Öffentlichkeit

Mehr Transparenz würde also guttun. Auch, um das falsche Bild vom T-Shirt, das aus dem Texaid-Container als Kleiderspende bei einem Kind in Afrika oder Asien lande, zu korrigieren. Sabine Zeilinger vom Roten Kreuz stellt klar, dass Texaid in den letzten Jahren viele Versuche dazu unternommen habe. «Die Idee ist, die Altkleider sinnvoll weiterzuverwerten – wenn möglich gewinnbringend.»

In der Tat zielt Texaid schon auf seiner Website nicht auf Almosen in Form von Kleidung ab, sondern auf den ökologischen Gedanken des sparsamen Umgangs mit Ressourcen. Gerade in einer schnelllebigen Zeit, in der Modetrends im Monatsrhythmus wechseln, will das Unternehmen dafür sorgen, dass nicht mehr Gebrauchtes nicht vernichtet, sondern nochmals verwertet werden kann – sei es in einem Secondhandshop oder als Putzlumpen. Texaid gibt an, dass nur fünf Prozent der eingesammelten Altkleider nicht mehr wiederverwertet werden können.

Von diesem Kreislauf würden auch die Schweizer Hilfswerke profitieren, weil sie am Gewinn beteiligt sind, sagt Zeilinger: «Das SRK gibt das Geld, das wir von Texaid erhalten, zum grössten Teil an unsere Organisationen weiter, die damit Projekte in der Schweiz finanzieren.»

Wohin mit gebrauchten Kleidern?

36'000 Tonnen Altkleider pro Jahr sammelt Texaid in der Schweiz. Über 6000 Container des Unternehmens sind im ganzen Land aufgestellt, in die Leute Altkleider einwerfen können, die sie Bedürftigen weitergeben möchten (BLICK berichtete).

Auch bei Tell-Tex kann man an über 3500 Standorten in der Schweiz Kleider und Schuhe deponieren. Oder ein Paket schicken, das in Zusammenarbeit mit der Berghilfe direkt an Bedürftige in den Schweizer Bergregionen weitergegeben wird. Ein grosser Teil der Altkleider wird ins Ausland exportiert, dort sortiert und an Bedürftige weitergegeben.

150 Tonnen Textilien werden bei Caritas Zürich abgegeben

Caritas Zürich betreibt sechs Secondhandläden im gesamten Kanton. Dort werden unter anderem Kleider, Schuhe und Accessoires zu stark reduzierten Konditionen verkauft.

Die Ware kommt einerseits als Spende von Privatpersonen, andererseits von Kleiderläden – jährlich rund 150 Tonnen. Andreas Reinhart, Sprecher von Caritas Zürich zu BLICK: «Der Erlös fliesst direkt in unsere Armutsprojekte im ganzen Kanton.»

Auch Kirchen haben Angebote zur Altkleiderverwertung. Zum Beispiel den «Treffpunkt Kleiderkarussell» der reformierten Kirchgemeinde Birr AG. Hier können bedürftige Menschen günstig Kleider und Schuhe aus privaten Spenden beziehen.

Sozialdiakonin Daniela Hausherr erklärt: «Eine Hose oder ein Pulli sind für einen Franken zu haben, Schuhe und Jacken für fünf Franken.» Mit den Einnahmen werden die Kosten für die Räumlichkeiten gedeckt.

Altkleider zu H&M bringen

Gebrauchte Textilien können auch zu H&M gebracht werden. Dort gibt es pro Kleidersack einen Gutschein von 5 Franken. Schuhe und Accessoires nimmt H&M nicht an. Der Konzern verwendet die Altkleider vor allem für die neue Kollektion wieder oder verkauft sie.

Auch bei den Brockenhäusern der Heilsarmee können gebrauchte Kleider und Schuhe vorbeigebracht werden. Oder man kann sie – zusammen mit anderer Ware – vom Abholdienst mitnehmen lassen.

Nicolas Lurati

36'000 Tonnen Altkleider pro Jahr sammelt Texaid in der Schweiz. Über 6000 Container des Unternehmens sind im ganzen Land aufgestellt, in die Leute Altkleider einwerfen können, die sie Bedürftigen weitergeben möchten (BLICK berichtete).

Auch bei Tell-Tex kann man an über 3500 Standorten in der Schweiz Kleider und Schuhe deponieren. Oder ein Paket schicken, das in Zusammenarbeit mit der Berghilfe direkt an Bedürftige in den Schweizer Bergregionen weitergegeben wird. Ein grosser Teil der Altkleider wird ins Ausland exportiert, dort sortiert und an Bedürftige weitergegeben.

150 Tonnen Textilien werden bei Caritas Zürich abgegeben

Caritas Zürich betreibt sechs Secondhandläden im gesamten Kanton. Dort werden unter anderem Kleider, Schuhe und Accessoires zu stark reduzierten Konditionen verkauft.

Die Ware kommt einerseits als Spende von Privatpersonen, andererseits von Kleiderläden – jährlich rund 150 Tonnen. Andreas Reinhart, Sprecher von Caritas Zürich zu BLICK: «Der Erlös fliesst direkt in unsere Armutsprojekte im ganzen Kanton.»

Auch Kirchen haben Angebote zur Altkleiderverwertung. Zum Beispiel den «Treffpunkt Kleiderkarussell» der reformierten Kirchgemeinde Birr AG. Hier können bedürftige Menschen günstig Kleider und Schuhe aus privaten Spenden beziehen.

Sozialdiakonin Daniela Hausherr erklärt: «Eine Hose oder ein Pulli sind für einen Franken zu haben, Schuhe und Jacken für fünf Franken.» Mit den Einnahmen werden die Kosten für die Räumlichkeiten gedeckt.

Altkleider zu H&M bringen

Gebrauchte Textilien können auch zu H&M gebracht werden. Dort gibt es pro Kleidersack einen Gutschein von 5 Franken. Schuhe und Accessoires nimmt H&M nicht an. Der Konzern verwendet die Altkleider vor allem für die neue Kollektion wieder oder verkauft sie.

Auch bei den Brockenhäusern der Heilsarmee können gebrauchte Kleider und Schuhe vorbeigebracht werden. Oder man kann sie – zusammen mit anderer Ware – vom Abholdienst mitnehmen lassen.

Nicolas Lurati

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