Bundespolitiker zum Asylentscheid von Oberwil-Lieli
«Egoistisch», «verlogen», «unsolidarisch»

Städteverbands-Präsident und FDP-Nationalrat Kurt Fluri hält den Asylentscheid von Oberwil-Lieli für «egoistisch» und «höchst unsolidarisch». SVP-Nationalrat Lukas Reimann hingegen fände es «ideal, wenn das Beispiel Schule machen würde».
Publiziert: 02.05.2016 um 13:24 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 17:35 Uhr
Ruedi Studer

52 Prozent der Stimmberechtigten von Oberwil-Lieli AG folgten gestern ihrem Gemeindeammann Andreas Glarner: Statt Asylbewerber aufzunehmen, lieber rund 300'000 Franken jährlich. «Wir bleiben von Asylbewerbern verschont», freut sich der SVP-Nationalrat.

FDP-Fluri: «Egoistische Haltung»

Städteverbands-Präsident und FDP-Nationalrat Kurt Fluri (SO) geisselt den Freikauf von Oberwil-Lieli als «höchst unsolidarisch». Reiche Gemeinden könnten sich mit einer Geldzahlung von der Aufnahme von Asylbewerbern befreien. «Wer sich das nicht leisten kann, muss somit noch mehr aufnehmen, als ihm gemäss Schlüssel angerechnet wird», so der Stadtpräsident von Solothurn.

Diese «egoistische Haltung» sei auch nicht vergleichbar mit der von Glarner als Vergleich beigezogenen Feuerwehrersatzabgabe. «Hier besteht keine freie Wahl, sondern bezahlen muss sie, wer keinen Feuerwehrdienst leisten kann», sagt Fluri. Seine Befürchtung: «Macht dieses Beispiel grossräumig Schule, würde das die Aufnahme von Schutzbedürftigen verunmöglichen.» 

Städteverbands-Präsident und FDP-Nationalrat Kurt Fluri (SO): «Selbstverstädnlich ist dieser 'Freikauf' höchst unsolidarisch.»
Foto: Patrick Luethy/EQ Images

Lockerer sieht es CVP-Chef Gerhard Pfister. Für ihn ist der Entscheid in Oberwil-Lieli «kein Grund zur Empörung. Volksentscheide sind zu respektieren.» Er selber glaubt nicht, dass das Beispiel Schule machen wird. «Ich bin überzeugt, dass andere Gemeinden anders entscheiden werden.»

SP-Masshardt: «Regelungen abschaffen»

Auf der linken Seite sind die Meinungen klar. Der Freikauf sei nach kantonalen Bestimmungen zwar legal, aber unsolidarisch, findet Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli. «Verlogen ist die Haltung Herrn Glarners, der gegenüber dem Radio SRF darauf verwies, er und die Mehrheit der Stimmberechtigten würden lieber auf mehr Hilfe vor Ort setzen – im Nationalrat hat er aber genau dies zweimal abgelehnt.»

«Die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die ohne Solidarität nicht funktioniert», sagt SP-Nationalrätin Nadine Masshardt (BE), die in der für den Asylbereich zuständigen Staatspolitischen Kommission (SPK) sitzt.

Foto: EQ Images

Jedes Land, jeder Kanton, jede Gemeinde müsse im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung übernehmen. «Deshalb bin ich im konkreten Fall froh, dass eine Abstimmung stattgefunden hat. Dank dieser Diskussion ist nun das Problem auf dem Tisch: Es gibt reiche Gemeinden, die es sich leisten können, sich freizukaufen», so Masshardt – und macht klar: «Solche Freikäufe sind äusserst störend. Damit schiebt Oberwil-Lieli seine gesellschaftliche Pflicht einfach auf andere Aargauer Gemeinden ab.»

Der hohe Nein-Anteil zeige aber, dass sich auch reiche Gemeinden nicht einfach so um Solidarität foutieren könnten. «Das sollte auch SVP-Hardliner Andreas Glarner zu denken geben», meint Masshardt in der Hoffnung, «dass die Kantone nun die Lehren ziehen und rasch solche unsolidarischen Regelungen abschaffen». 

SVP-Reimann: «Das Beispiel soll Schule machen!»

«Das Volk hat demokratisch entschieden», so SPK-Mitglied und SVP-Nationalrat Lukas Reimann (SG). Er gibt sogar noch einen drauf! «Es wäre ideal, wenn das Beispiel Schule machen würde: Dann müssten die Grenzen wieder sicher kontrolliert werden und mit den Geldern aus den Freikäufen könnte viel mehr Menschen vor Ort geholfen werden anstatt hier in der Schweiz. Beides ist ohnehin dringend notwendig.»

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