Es war wild wie immer, bunt – und ohne Regeln. Am Güdelmontag zog der Sühudi-Umzug durch Einsiedeln SZ und sorgte bei den Einheimischen für Begeisterung. Über 1000 Personen versammelten sich im Ort und jubelten den Umzugswagen und Fasnächtlern zu. Mittendrin: Die-Mitte-Nationalrat Alois Gmür (65). Das Veranstaltungsverbot? Vergessen. Abstand und Masken? Nebensache. Die Kantonspolizei wurde vom bunten Treiben eiskalt erwischt – und versuchte es mit Abmahnungen. Als diese nicht fruchteten, wurden rund 100 Ordnungsbussen verteilt.
Am Abend eskalierte die Lage völlig. Im Zentrum feierten 50 Fasnächtler weiter. Als die Polizei die Party sprengen wollte, kam es zu Strassenschlachten. Flaschen, Böller und Fäuste flogen. Bilanz: 40 Wegweisungen, zwei Festnahmen.
Trotz Reaktionen am Tag danach
Gestern, am Tag danach herrschte Katerstimmung – und null Einsicht. Weitere Festivitäten wurden zwar abgesagt, die Einheimischen halten sich aber mit Kritik bedeckt – oder sagen lieber gar nichts. So auch der oberste Einsiedler, Landschreiber Patrick Schönbächler (52). Der für eine Einschätzung «nicht zur Verfügung» steht.
Bei den beiden grössten Fasnachtsgesellschaften Bürgerwehr und Goldmäuder regiert der Trotz. Ein Goldmäuder-Mitglied sagt, was viele denken: «Wir lassen uns die Fasnacht nicht nehmen. Die Zuschauer hätten vermehrt Masken tragen sollen, das stimmt. Die Leute im Umzug machten es so gut es ging. Kleine Gruppen, Abstand, Masken.» Und überhaupt, mit der Schlacht gegen die Polizei habe man nichts zu tun: «Das waren welche aus dem Tal, vermutlich Zürcher.»
Wirt machte gutes Geschäft
Urs Schefer (64), der Wirt vom Bären unweit des Klosters, machte mit seinem Take-away-Stand richtig Umsatz. «Es lief bis am Mittag gut», sagt er zufrieden. «Wir haben etwa 2000 Franken gemacht.» Erst spät griff die Polizei ein: «Um 14 Uhr kamen sie mit der Verfügung, dass alle Stände schliessen müssen.» Der Gastronom erinnert sich an wilde Szenen: «Es hat fast niemand eine Maske getragen. Es war so krass, dass ich mir komisch vorkam mit Maske.»
Auch Rentnerin Christine Suter (72) war vor Ort, störte sich aber an den fehlenden Masken: «Auch wenn es eine traditionelle Veranstaltung ist, muss man sich an die Vorgaben halten. Ich habe meinen Augen nicht getraut. Alle anderen Gemeinden haben die Fasnacht abgesagt.» Am Tag danach sagt sie: «Den Umzug durchzuführen, war unüberlegt und falsch.»
Verständnis für die Feiernden, Kritik an Polizei
Die Einheimische Lia Steinegger (19) hat Verständnis für die Fasnächtler: «Die Jungen sind alle coronamüde. Sie wollen Freunde treffen, Spass haben, rausgehen. Wer will, soll feiern, finde ich.» Sie ergänzt: «Ja, die Regeln sollte man dabei schon nicht vergessen. Aber ich finde es okay, dass die Fasnacht stattgefunden hat.»
Mitgefeiert hat der Serviceangestellte Christian Berloznik (40): «Ich war überrascht, dass so viele Menschen kamen.» Er hadert mit der Einsatz-Politik der Polizei: «Die Feiernden wegzuschicken, fand ich kontraproduktiv, so ging die Party einfach in Wohnungen weiter.»
Ein Nachspiel wird die Party vermutlich nicht haben. Nur die Kantonspolizei will sich nicht mehr zum Narren halten lassen und kündigte weitere Präsenz vor Ort – und notfalls auch ein Eingreifen an.