Abgesetzt worden seien neben dem Botschafter bei der EU in Brüssel auch jene in den USA, China, Frankreich und Katar sowie der Leiter der sudanesischen Mission in Genf. Das berichteten das sudanesische Staatsfernsehen und der TV-Kanal Al-Arabiya in der Nacht zum Donnerstag. Zuvor hatten mehrere Botschafter den Umsturz verurteilt und sich mit der zivilen Widerstandsbewegung solidarisiert, die seit Tagen gegen die Putschisten protestiert.
Das Militär hatte am Montag nach wochenlanger Zuspitzung der Lage die Macht in dem ostafrikanischen Land mit 44 Millionen Einwohnern übernommen. General Abdel Fattah al-Burhan verkündete die Entmachtung der zivilen Regierungsmitglieder und verhängte einen Ausnahmezustand. Das Internet ist seither fast durchgehend blockiert.
EU fordert Treffen mit entmachtetem Regierungschef Abdullah Hamduk
Die Botschafter Deutschlands und anderer Länder forderten die Wiedereinsetzung des entmachteten Ministerpräsidenten, der nun faktisch unter Hausarrest steht. Man erkenne Abdullah Hamduk weiterhin als Regierungschef an und verlange ein Treffen mit ihm, hiess es in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Delegation sowie der Botschaften Deutschlands, Frankreichs, Grossbritanniens, der USA und anderer Staaten am Mittwoch. Rechtswidrig festgesetzte Minister und Vertreter der Zivilgesellschaft müssten sofort freigelassen werden.
Die sudanesischen Botschafter in China, Frankreich, Katar und fünf weiteren Ländern hatten am Dienstag in einer gemeinsamen Stellungnahme den Putsch und die «illegale Festsetzung» von Regierungsmitgliedern verurteilt. Ihre Unterstützung gelte «dem Streben des sudanesischen Volkes nach Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit» sowie dem Übergang hin zu einer dauerhaften Demokratie, zitierte die «Sudan Tribune» aus dem Schreiben. Ähnlich äusserte sich danach der sudanesische Botschafter in den USA.
USA bietet Unterstützung beim Übergang zur Demokratie
US-Aussenminister Antony Blinken telefonierte am Mittwoch (Ortszeit) mit Mariam al-Mahdi, Aussenministerin in Hamduks Kabinett, und bot ihr die Hilfe der Vereinigten Staaten für einen nicht-militärischen Übergang zur Demokratie an. Zuvor hatte die US-Regierung angesichts der Machtübernahme durch das Militär finanzielle Hilfen von 700 Millionen US-Dollar für das Land vorläufig ausgesetzt. Nicht dringend benötigten Mitarbeitern der US-Botschaft in Khartum wurde inzwischen genehmigt, das Land zu verlassen.
Weltbank stellt Zahlungen an Sudan ein
Die Weltbank setzte ihre Zahlungen an den Sudan vorerst ebenfalls aus, die Bundesregierung und die EU haben diesen Schritt angedroht. Die Afrikanische Union suspendierte die Mitgliedschaft des Landes, bis die entmachtete Übergangsregierung unter ziviler Führung wiederhergestellt ist. Und auf den Strassen Khartums gingen Zehntausende wütende Menschen auf die Barrikaden, die sich mit ihren Hoffnungen auf Demokratie und Reformen betrogen fühlen.
Putsch setzt hart erkämpfte Errungenschaften aufs Spiel
Der Sudan war fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir regiert worden. Im April 2019 wurde der Langzeit-Machthaber dann nach Massenprotesten und einem Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine gemeinsame Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen ebnen sollte. Es folgten zahlreiche Reformen, wodurch sich das ölreiche, aber verarmte Land aus einer jahrzehntelangen Isolation befreien konnte. Durch den Putsch droht nun der Verlust dieser hart erkämpften Errungenschaften, wogegen breite Teile der Bevölkerung vehement Widerstand leisten.
«Die Übergangsregierung hat jetzt über zwei Jahre gehalten, aber das war ja keine Liebeshochzeit», erklärte der UN-Sonderbeauftragte für den Sudan, Volker Perthes, in der «Süddeutschen Zeitung» (Donnerstag). «Militär und zivile Politiker haben rational entschieden, miteinander zu arbeiten, um das Land nach 30 Jahren Diktatur und fast sechs Jahrzehnten Bürgerkrieg auf einen Weg zum inneren Frieden zu bringen.» Diese Partnerschaft sei aber von Anfang an voller Konflikte gewesen, sagte der ehemalige Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). «Wir als Vereinte Nationen haben versucht, mit diplomatischen Mitteln zu deeskalieren, aber wir waren nicht erfolgreich.»
(SDA)