Mobbing endet niemals
«Junge Generation unterscheidet nicht zwischen Online- und Offline-Welt»

Mit Rassismus fing es an, mit Prügeleien auf dem Pausenplatz ging es weiter. Und heute mobben Schüler über die sozialen Medien. Bei allem gehts ums Gleiche: psychische Gewalt.
Publiziert: 26.10.2021 um 19:21 Uhr
1/5
Früher gab es zu Hause, in den sicheren vier Wänden, jeweils eine Pause vom Mobbing. Durch die Digitalisierung findet Mobbing heute aber rund um die Uhr statt.
Foto: Getty Images
Aline Wüst

Wenn die Klasse eine Schülerin oder einen Schüler kleinmacht, richtet das bei der betroffenen Person Schaden an. Dass Menschen einander ausgrenzen, gibt es wohl seit jeher.

Erstmals benannt hat das Phänomen 1969 der Arzt Peter-Paul Heinemann. Der Schwede gilt als Begründer der Mobbing-Forschung. Persönliche Erfahrungen waren es, die ihn antrieben: Die Diskriminierung, die er als Kind in Nazi-Deutschland erleben musste und die Ausgrenzung seines schwarzen Adoptivsohns in Schweden. Er verwendete den Begriff Mobbing dafür, wenn eine Gruppe eine Person angreift, die von der Norm abweicht. Sein Anliegen war ein politisches: Heinemann bezog sich auf Einwandererfamilien, die unter Gruppengewalt leiden, weil sie «Abweichende» sind. Mobbing, das war damals Rassismus.

Mobbing rund um die Uhr

Heute gilt Mobbing als verbreitet in Schulen und am Arbeitsplatz und wird nicht mehr in erster Linie mit Rassismus verknüpft. Gesellschaftliche Gründe begünstigen Mobbing. Allen voran das Internet. Wurden Kinder früher auf dem Pausenplatz gemobbt, geschieht es heute rund um die Uhr. «Die junge Generation unterscheidet nicht mehr zwischen dem Leben offline und online», sagt Lulzana Musliu von Pro Juventute. Im Gegensatz zu früher endet Mobbing für ein Kind also nicht mehr, wenn es zu Hause ist.

Musliu weiss, dass beispielsweise Whatsapp-Gruppen erstellt werden, in dem ein bestimmtes Kind gemobbt wird – das Opfer dann extra der Gruppe hinzugefügt wird. Dass Instagram-Accounts unter dem Namen eines Mitschülers erstellt werden und da beschämende Fotos hochgeladen werden. Dass ein Mädchen seinem Freund intime Fotos schickt und die weiterverbreitet werden. Auch Leistungsdruck gilt als Risikofaktor für Mobbing. Laut Pisa-Studie ist heute jeder dritte Schüler gestresst.

Was tun? Pro Juventute versucht dort anzusetzen, wo etwas verändert werden könnte – beim Cybermobbing. Das soll unter Strafe gestellt werden. Wegen der präventiven Wirkung, aber auch als gesellschaftliches Bekenntnis: «Mobbing ist keine Bagatelle, sondern eine Form von psychischer Gewalt», so Lulzana Musliu.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?