Foto: Twitter/MathysRoland

Mega-Party ohne Rücksicht auf Corona
Berner Polizei lässt illegale Partygänger raven

Mehrere Tausend zumeist junge Leute feiern mitten in Bern eine wilde, sehr laute Techno-Party. Kaum jemand trägt eine Schutzmaske, und auch trotz vieler Lärmklagen lässt die Polizei die illegalen Partygänger ungestört raven.
Publiziert: 29.06.2020 um 01:01 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2020 um 08:33 Uhr
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In Grossen und Ganzen geht es bei der Berner Reitschule friedlich zu und her.
Foto: Keystone
Daniel Kestenholz

Dass die Berner Behörden gegenüber dem subventionierten Kulturzentrum Reitschule ziemlich viel Toleranz üben, ist hinreichend bekannt. Das geht dann so weit, dass mehrere Tausend Personen in der Nacht auf Sonntag eine illegale Party vor dem Kulturzentrum feiern können und bei der Kantonspolizei über hundert Lärmklagen eingehen. Doch die Polizei lässt die Partygänger ungestört raven.

Gute 20 Stunden lang wummerten die Bässe durch die Berner Innenstadt, berichtet «20 Minuten». Samstagmittag ging es los. Als hätte es Corona nie gegeben: Erst noch spärlich besucht, mussten laut Augenzeugen mehrere Tausend Nachtschwärmer die Techno-Party besucht haben. Die Partygänger und auch Lärmklagen kamen nicht nur aus Bern, sondern auch aus umliegenden Gemeinden.

Erst nach viel Ärger mit Anwohnern und einer Partymenge, die sich weder um Corona-Schutzmassnahmen noch um das Virus scherte, konnten sich die Uniformierten zu einer besseren Alibiübung durchringen. Am Sonntag um 8 Uhr, als der Spuk praktisch vorbei war, beschlagnahmte die Kantonspolizei die Musikanlage und hielt zwei Personen an, die angezeigt werden sollen.

Breite Empörung über die Corona-Ignoranten

In sozialen Medien folgen prompt Empörung und Unverständnis über die Partygänger und die hilflose Polizei. «Dumm?», schreibt eine Userin auf Twitter. «Ich erachte es als direkten Angriff auf meine Gesundheit, meinen Wohlstand und meine Familie. Der Spass hört da auf! Genau da! BAG, gedenkt ihr eigentlich, irgendwann euren Pflichten nachzukommen?» Ein weiterer User sei sich «nicht sicher, ob sie es tun, weil sie dumm oder einfach unverantwortlich sind».

Solche Aktionen der Stadt und Polizei Bern seien ein Schlag ins Gesicht von Restaurants, Klubs und Detailhändlern, empört sich auch der Berner Grünliberale Jannis A. Strauss (23). Diese müssten kaum umsetzbare Schutzkonzepte ausarbeiten und würden darunter finanziell massiv leiden. Gastrobetriebe, die kein Covid-19-Schutzkonzept haben oder gegen die Auflagen verstossen, schreibt Strauss in einem weiteren Tweet, «werden streng gebüsst oder geschlossen, richtig?»

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Erst fand auch Regula Rytz keinen Gefallen am Reitschule-Geschehen

Eine kleine Freude bleibt dem Grünliberalen Strauss. Erst hatte auch die Ex-Grünen-Chefin und gescheiterte Bundesratskandidatin Regula Rytz (58) seinen Empörungs-Tweet mit einem «Gefällt mir» versehen. Dann aber löschte die Bernerin das «Like» wieder.

Die Reitschule-Party erinnert an die Häuserbesetzung unlängst in Zürich, wo ebenfalls lautstark und illegal Party gemacht wurde, keine Masken getragen wurden und zahllose Lärmklagen eingingen. Auch in Zürich griff die Polizei nicht ein. «Linke Städte halt», schreibt «The Joker» auf Twitter. «Was kann man sonst erwarten.»

Reitschule distanziert sich von der Party

Die Organisatoren des Polit- und Kulturzentrums Reitschule wollen nichts mit der Party zu tun haben. Die Reitschule selber sei die ganze Nacht über geschlossen gewesen. Die «allem Anschein nach friedlich verlaufene Party» fand auf dem Schützenmatte-Areal gleich vor dem Kulturzentrum statt.

Polizeisprecher Dominik Jäggi erklärte dazu am Sonntag, wegen der vielen Personen sei auf eine Intervention verzichtet worden. Man habe zwar mehrmals das Kontakttelefon der Reitschule angerufen, doch auch das habe nicht geholfen, die Veranstalter ausfindig zu machen.

Gewisser Nachholbedarf sei nach dem Lockdown nicht zu verteufeln, erklärte die Medienstelle der Reitschule gegenüber «20 Minuten»: «Der allgemein lockere bis sorglose Umgang betreffend Corona-Massnahmen seit dem Lockdown-Ende geht natürlich auch an den jungen Menschen nicht vorbei, die lange auf Partys verzichten mussten.»

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