Als der Informatiker Alex A.* (23) am 1. Dezember eine frisch gekaufte externe Festplatte an den Computer anschliesst, erlebt er eine unerfreuliche Überraschung: Das Speichermedium enthält Daten eines ihm unbekannten älteren Mannes – darunter auch Nacktbilder und Porträts in Frauenkleidern.
Erworben hat der Informatiker die Festplatte in der Fust-Filiale am Zürcher Hauptbahnhof. Die «Sandisk Extreme Portable SSD» mit 1 Terabyte Speicherplatz kostete 99.95 Franken. Der gelernte Informatiker kontrollierte das externe Laufwerk. «Ich habe die Ordner gesehen und gedacht: Hä, was ist das?», sagt A., der aktuell Data Science an der Ostschweizer Fachhochschule (OST) studiert.
In den Ordnern befinden sich private Fotos und Videos, verschiedene Briefe, ärztliche Zeugnisse, Kopien der Identitätskarte, Kontoauszüge, Steuererklärungen, Tagebucheinträge und E-Mails zu Gerichtsfällen. Insgesamt sind es knapp 15 Gigabyte persönliche Daten. Sie gehören einem 80-jährigen Mann aus dem Kanton Zürich. Auf gewissen Bildern ist dessen Penis sichtbar.
«Als ich dann die Bilder ansah, war ich geschockt», sagt A. «Was, wenn ein Kind diese Festplatte gekauft hätte?» Theoretisch hätte sich Fust damit über das Aushändigen von pornografischen Inhalten an Minderjährige strafbar machen können. Für A. wäre es natürlich unangenehm gewesen, wenn er die Disk als Geschenk weitergegeben hätte.
«Das ist eine Sauerei»
Für den IT-Fachmann ist klar: «Das geht gar nicht.» Er vermutete zunächst, dass ein Kunde den externen Speicher gekauft, kurz verwendet und anschliessend retourniert hatte. Dann wäre es fahrlässig von Fust, die Festplatte unbesehen an einen neuen Kunden zu verkaufen, denn es könnte ja auch Schadsoftware enthalten sein, die das Gerät der Käuferin oder des Käufers beschädigen oder der Gefahr von Datenmissbrauch aussetzen könnte.
Ein Anruf beim Mann, dem die Daten gehören, bringt Licht in die Sache. Der 80-Jährige erklärt, dass er keine Festplatte bei Fust gekauft habe. Stattdessen wollte er kürzlich seinen alten Computer dort reparieren lassen, was aber nicht möglich gewesen sei. Deshalb habe er ein neues Gerät gekauft und Fust mit der Datenübertragung und der Entsorgung des alten Rechners beauftragt. Offenbar hat ein Fust-Mitarbeiter zur Übertragung die externe Festplatte aus dem Laden verwendet – und diese nachher, ohne Löschung der Daten, wieder in den normalen Verkauf gebracht. Zum Verlust seiner Daten sagt der 80-Jährige: «Das ist eine Sauerei.»
Fust räumt ein: «Darf nicht passieren»
Informatiker A. sagt: «Es ist unerhört und inakzeptabel, dass private Daten nach einer Reparatur an Drittpersonen gelangen.» Während einer Serviceleistung habe Fust die volle Verantwortung für den Schutz der Kundendaten. Es fehle klar ein interner Prozess zum Schutz der Kundendaten.
Der Detailhändler Fust, der seit 2007 zur Coop-Gruppe gehört, betont, dass das Unternehmen die Situation «sehr ernst» nehme. «Das Vorgehen entspricht klar nicht unseren internen Weisungen und Prozessen und darf nicht passieren», schreibt Sabine Weber, Assistentin der Unternehmensleitung.
Fust habe umgehend verschiedene Massnahmen umgesetzt, um sicherzustellen, dass so etwas nicht mehr vorkomme. «Dazu gehörten unter anderem eine sofortige Sensibilisierung und neuerliche Schulung der Mitarbeitenden.»
Fust hat zudem Kontakt zum 80-jährigen Mann aufgenommen, dessen Daten auf der Festplatte waren. «Wir haben uns in aller Form entschuldigt», so Sabine Weber von Fust. Sie sagt, es handle sich um einen Einzelfall.
* Name bekannt