Allerdings machte sich die globale Corona-Krise bemerkbar. Ohne den Einbruch von Wirtschaft und öffentlichem Leben wäre der sogenannte Erdüberlastungs- oder Welterschöpfungstags dieses Jahr schon auf den 22. Juli gefallen.
Experten berechnen, ab wann die Menschheit für ihre Aktivitäten mehr Ressourcen in Anspruch nimmt, als ökologischen Kreisläufe binnen einem Jahr regenerieren können. Das dahinter stehende Konzept nennt sich ökologischer Fussabdruck. Der Tag, an dem der menschliche Verbrauch die Pufferkapazitäten der Erde übertrifft, heisst Erdüberlastungstag oder auf englisch Earth Overshoot Day.
Wie eine Buchhaltung
Das Konzept und die Daten stammen vom Global Footprint Network (GFN), einer 2003 von Experten gegründeten international tätigen Nachhaltigkeitsorganisation mit Sitz in den USA. Sie will das oft recht abstrakte Thema der systematischen Umweltzerstörung und -überlastung greifbarer machen und damit Veränderungen anstossen.
Die Idee ist, natürliche Bereitstellungskapazitäten der Erde und den Ressourcenverbrauch der Menschheit nach dem Vorbild eines unternehmerischen «Buchhaltungssystems» zu erfassen. Es soll eine belastbare Aussage darüber getroffen werden, wann unser «Konto» nicht mehr gedeckt ist. Dabei wird in einem komplexen Verfahren die Produktivität eines standardisierten sogenannten globalen Hektars ermittelt. Diese wird in Beziehung zur Nachfrage gesetzt.
Die Schweiz braucht drei Planten
Laut der Umweltorganistion WWF trägt die Schweiz ihren Anteil dazu bei: Wenn die gesamte Weltbevölkerung wie Herr und Frau Schweizer leben würde, benötigten wir jährlich mehr als drei Planeten. Die Schweizer Bevölkerung fliegt durchschnittlich doppelt so häufig wie EU-BürgerInnen – welche wiederum weltweit betrachtet Vielflieger sind – und steigert so den CO2-Ausstoss. In der Schweiz ist der Flugverkehr für mehr als 20 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.
Der Bedarf wird immer grösser
Der Erdüberlastungstag verlagerte sich in den vergangenen 20 Jahren nahezu kontinuierlich weiter nach vorn. Das heisst, der Bedarf der Menschheit übersteigt die Kapazitäten der Erde immer mehr. Im Jahr 2000 fiel das Datum noch auf den 23. September, 2009 auf den 18. August und im vergangenen Jahr bereits auf den 29. Juli. In diesem Jahr sorgen die Folgen von Corona-Pandemie und Lockdown für einen Sondereffekt: Das eigentlich bereits für den 22. Juli erwartete symbolträchtige Datum verzögert sich bis zum 22. August.
Entwarnung bedeutet das allerdings nicht. Nach Angaben des GFN heisst das, dass die Menschheit die natürlichen Puffer der Erde so belastet, als wenn ihr 1,6 Planeten zur Verfügung stünden - oder anders ausgedrückt mehr als eine halbe zusätzliche Erde. Allein für die eigene Nahrungsmittelversorgung beansprucht sie demnach bereits mehr als die Hälfte der gesamten irdischen Biokapazität.
Biologische Flächen werden zerstört
Die Folge dieser ständigen Überlastung der globalen Puffer- und Regenerationsfähigkeiten führt den Umweltschützern zufolge etwa zu Entwaldung, Bodenerosion und Klimawandel. Da dadurch zugleich immer mehr biologisch nutzbare Fläche zerstört wird, lebt die Menschheit nach Art eines betrügerischen Schneeballsystems quasi auf Kredit, was nach deren Überzeugung nicht dauerhaft gut geht.
(SDA/bae)