Jetzt spricht die Ex-Freundin des Online-Betrügers Joachim U. (38)
«Er nistete sich bei uns ein wie die Made im Speck»

Er wohnte auf dem Sofa von Sandra B. (45) und ihrer Familie und betrog von hier aus Dutzende von Kunden. Jetzt erzählt seine Ex-Freundin, wie sehr sie unter ihm gelitten hat.
Publiziert: 15.01.2021 um 19:18 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2021 um 20:38 Uhr
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Betrüger Joachim U. (38) steht vor Gericht, weil er Dutzende von Handys und Spielkonsolen auf Onlineplattformen verkauft hatte, ohne diese dann zu liefern.
Foto: Beat Michel
Beat Michel

Ihre Hände beginnen zu zittern, wenn Sandra B. (45) an ihren Ex-Freund Joachim U. (38)* zurückdenkt. «Ich habe noch immer Angst vor ihm, auch wenn er im Gefängnis ist», sagt die IV-Rentnerin. «Er lag Jahre lang auf unserem Sofa und verhielt sich wie die Made im Speck.»

Joachim U. musste sich am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Meilen ZH für seine Online-Betrügereien verantworten. In nur 11 Monaten hatte er 63 Kunden um insgesamt 14'000 Franken erleichtert. In den kommenden Tagen folgt das Urteil. Die Staatsanwältin fordert für den Deutschen vier Jahre Gefängnis unbedingt für gewerbsmässigen Betrug und 10 Jahre Landesverweis, die Verteidigung plädiert auf Betrug und nur 14 Monate Haft. In dem Fall würde er gleich nach dem Urteil freigelassen.

«Er hat Hausverbot bei uns»

Dieses Szenario macht seiner Ex-Geliebten Angst. «Er hat zwar Hausverbot bei uns, ich habe trotzdem Angst vor ihm», sagt Sandra B. zu BLICK. «Ich weiss nicht, was er in Freiheit macht. Er ist unberechenbar.»

2015 zog der stark übergewichtige Deutsche bei ihr und ihrer Familie ein. «Ich hatte Mitleid mit ihm, darum durfte er bei uns wohnen. Er hatte in Deutschland niemanden mehr. Dann wurden wir ein Paar.»

Für ihren Ehepartner sei ihre Liebesbeziehung zu dem jüngeren Mann kein Problem gewesen. Sie seien nur noch gute Freunde gewesen. «Wir wohnen vor allem wegen der Kinder zusammen», sagt sie. «Ich schlief mit Joachim auf dem Sofa.»

«Er verliess das Sofa nie»

Doch schon bald wurde der Neue zum Problem. Sandra B.: «Er verliess das Sofa nie. Er beteiligte sich nicht am Haushalt und manipulierte mich für seine Zwecke. Er benutzte mein Bankkonto für seine dunklen Geschäfte. Wenn ich misstrauisch wurde, schlug er mich.»

Joachim U. hatte das Ehepaar über die Jahre voll im Griff. Sandra B. sagt: «Mein Mann und ich wagten nicht, ihn wegzuschicken oder Hilfe zu holen. Auch unsere beiden Kinder im Teenageralter konnten ihn nicht ausstehen. Sie mussten zusehen, wie er uns schlecht behandelte.»

Im Dezember 2019 flog der Betrüger auf. «Auch ich und mein Mann wurden verhaftet. Ich war vier Wochen in Untersuchungshaft», erzählt die IV-Rentnerin. «Im Gefängnis konnte ich mit Joachim abschliessen.» Jetzt wartet Sandra B. gespannt, zu welcher Strafe Joachim U. verurteilt wird.

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