Das Kollektiv Café Révolution ist in diesem Jahr Partner der Becherspende des Gurtenfestivals: Statt das Depot von 2 Franken bei der Rückgabe eines Getränkebechers oder Tellers zurückzuerhalten, können Festivalbesucher den Verein unterstützen.
Entstanden ist das Kollektiv rund um die weltweiten «Black Lives Matter»-Demonstrationen im Jahr 2020. Im Kulturzentrum Progr in Bern hat Café Révolution einen sogenannten «Safer Space» eingerichtet, der sich an Personen richtet, die Rassismus und Sexismus erfahren, speziell schwarze Frauen.
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Unzumutbare Gewalt
In einer Stellungnahme auf Instagram schrieb das Kollektiv am Samstagabend: «Dass im Kontext eines Festivals mit übergriffigem und diskriminierendem Verhalten zu rechnen ist, war uns von Anfang an bewusst.» Entsprechend habe man Vorkehrungen getroffen. «Das Ausmass der Gewalt und des Rassismus, mit dem wir konfrontiert wurden, überstieg jedoch, was wir unserem Team und uns zumuten wollen», schreibt der Verein.
Man könne es nicht mit gutem Gewissen verantworten, ein Team von Schwarzen und schwarz gelesenen Menschen dieser Gewalt auszusetzen. Deshalb wurde der Stand geschlossen. Am Festival werde bereitwillig schwarze Musik konsumiert, dabei würden schwarze Menschen jedoch nicht respektvoll behandelt. «Rassismus ist strukturell und ein Problem auch in der Schweiz», betont der Verein. Die Erfahrung am Gurtenfestival spiegle «die Realität zahlreicher rassifizierter Menschen in verschiedenen Lebensräumen».
Verletzende Interaktionen
Das Gurtenfestival schreibt in einer Stellungnahme zur Schliessung des Stands: «Wir möchten mit Nachdruck betonen, wie leid es uns tut, dass die Becherspende für Café Révolution nicht eine tolle Spendenaktion war, sondern eine schwierige Erfahrung mit verletzenden Interaktionen.» Damit habe das Festival nicht gerechnet. «Dass die (Gurten-)Gesellschaft so reagiert, erschreckt uns und führt uns einmal mehr vor Augen, dass wir nicht dort sind, wo wir sein möchten.»
Die Veranstalter haben gehofft, dass das Festival für Café Révolution erfolgreich werde. «Wir waren stets im Austausch mit ihnen, boten Hand und Unterstützung, wo möglich, und stehen selbstverständlich hinter ihrem Entscheid, nicht mehr physisch anwesend zu sein.» An den normalen Rücknahmestellen kann nach wie vor für das Kollektiv gespendet werden.
Veranstalter ermahnt Publikum
Der nicht profitorientierte Verein Café Révolution führt im «Safer Space» im Progr auch Veranstaltungen durch. Die am Festival gesammelten Spenden soll der Reihe «Black Futures» zugutekommen – Konzerte, Lesungen oder Workshops, die einmal monatlich stattfinden.
«Wir fordern auch unser Publikum dazu auf, sich reflektiert mit dieser Thematik auseinanderzusetzen», schreibt das Gurtenfestival in seiner Stellungnahme. «Wir wollen, dass hier alle sicher sind und sich wohlfühlen können.»
Auf Fragen zu den konkreten Vorfällen, zur Form der Gewalt und zu den möglichen Tätern machten die Organisatoren keine genaueren Angaben. «Das Gurtenfestival nimmt diese Thematik sehr ernst und beschäftigt sich schon länger damit», betont Mediensprecherin Lena Fischer. Das Festival betreibe verschiedene Kanäle, über die sich Besucherinnen und Besucher melden können, wenn sie sich unwohl fühlen, etwas beobachten oder belästigt werden. «Zudem haben wir ein Care-Team auf Platz», so Fischer.
Auf der Hauptbühne auf dem Berner Hausberg treten am Sonntag zum Abschluss noch die beiden deutschen Acts Fettes Brot und Die Toten Hosen auf.