«Ohne Cayla wäre ich nicht mehr am Leben», sagt Martin Beutler (57). Der chronische Schmerzpatient und seine Assistenzhündin Cayla, eine dreijährige Grosspudeldame, wurden durch einen Wohnungsbrand noch enger zusammengeschweisst.
Am Samstagabend, 13. Januar, schaute Martin Beutler in seiner Wohnung in Kriens LU noch gemütlich etwas fern. Gegen 23 Uhr legte er sich ins Bett. Aufgrund seiner chronischen Schmerzen und einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nimmt Beutler neben Schmerzmitteln auch Beruhigungs- und Schlafmittel. Deshalb ist er nachts besonders schwer zu wecken. Zum Einschlafen hörte er noch etwas Musik, die er für eine vorgegebene Zeit vom Laptop abspielte.
In der Nacht entzündete sich plötzlich der Akku des Laptops. Auch die Vorhänge am Fenster und ein Bildschirm fingen Feuer. Das Schlafzimmer füllte sich mit Rauch. Davon merkte Beutler aufgrund der Schlafmittel jedoch nichts. Er wachte erst auf, nachdem seine Assistenzhündin Cayla auf ihn gesprungen war. «Ich habe ihre starken Pfotenhiebe gespürt», berichtet Beutler. «Als ich die Augen öffnete, war das Zimmer komplett voll mit weissem Rauch.» Beim Fenster sah er Flammen. Er griff nach einer Trainerhose und einer Jacke und konnte sich mithilfe des Rollstuhls aus der Wohnung bewegen – gemeinsam mit Cayla. Dann alarmiert er Polizei. Bei der Feuerwehr Kriens ging die Meldung um 3.43 Uhr ein. Die Feuerwehrleute konnten verhindern, dass der Brand auf weitere Wohnungen der Alterssiedlung übergriff.
Das Wecken trainiert
Dass ein Assistenzhund sein Herrchen im Brandfall weckt, könne kaum trainiert werden, sagt Hundetrainerin Pascale Theiler (39). Jedoch wurde Cayla darin geschult, Beutler etwa dann zu wecken, wenn er einen schlimmen Alptraum hat. «Cayla hat instinktiv richtig reagiert», sagt Theiler zur Brandnacht. Dank des Trainings hätte sie nicht nur gebellt, sondern sich auch getraut, auf den schlafenden Mann zu springen.
Beutler war als 20-jähriger bei Burgdorf BE von einem Auto mit überhöhter Geschwindigkeit angefahren worden. Noch heute leidet er an den Spätfolgen dieses Unfalls. Die starken Schmerzmittel führten über die Zeit zu psychischer Instabilität. Teilweise leidet er zudem an Lähmungen. Für längere Strecken ist er auf einen Elektro-Rollstuhl angewiesen, der beim Brand nicht beschädigt wurde.
Praktisch alle anderen Habseligkeiten in der Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung wurden dagegen ein Raub der Flammen – oder vom Rauch stark in Mitleidenschaft gezogen. Einige Hosen, die in einem geschlossenen Schrank waren, musste man fünfmal waschen, bis der Rauchgeschmack verschwunden war. «Ich habe im Brand fast alles verloren», sagt Beutler. Zwar kommt die Versicherung für den finanziellen Schaden auf. Jedoch kann sie etwa Bilder, die er selbst gemalt hatte, nicht einfach ersetzen.
Von der Polizei umsichtig betreut
In der Brandnacht wurde Beutler von der Polizei betreut und zur Kontrolle ins Luzerner Kantonsspital gebracht. Am Morgen war dann klar: In die Wohnung zurückkehren kann er vorläufig nicht.
Vom Spital aus kontaktierte der verzweifelte Beutler auch seine Hundetrainerin Pascale Theiler, welche die Ausbildung der Hündin Cayla betreut. Sie erkannte: «Es wäre nicht gut, wenn Martin jetzt alleine wäre.» Deshalb lud sie ihn ein ins alte Bauernhaus in Glashütten AG, das Theiler gemeinsam mit ihrem Mann und mit Susan Schaffner (55) bewohnt. Auch sechs Berner Sennenhunde und aktuell fünf Welpen sowie weitere Gasthunde gehören zum Haushalt. Das Gebäude dient gleichzeitig als Geschäftsstelle des Vereins «Assistenzhundezentrum Schweiz», den Schaffner als Geschäftsführerin leitet. Aktuell werden vom Verein 96 Hunde aktiv ausgebildet, und 50 fertig ausgebildete Hunde weiter betreut.
Im Haushalt mit vielen Hunden
So kam es, dass Beutler kurzfristig in Glashütten untergebracht wurde – und nun auch längerfristig dort bleiben kann: Er wird eine leerstehende Wohnung im Bauernhaus beziehen. Dafür wird noch ein Lift eingebaut, was schon seit längerem geplant, bisher aber noch nicht angepackt wurde. Im Gegenzug steht Beutler öfter in der Küche: «Ich kann sie etwas entlasten, indem ich meinem Hobby nachgehe, und etwas koche», sagt er zufrieden.
Die Hündin Cayla war schon vor dem Brand Beutlers treue Begleiterin. Dass er seiner Hündin sogar sein Leben verdankt, hat die Beziehung nochmals verstärkt. «Das bindet einfach zusammen», sagt er. Da Caylas Assistenzhunde-Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist, geht es auch mit dem gemeinsamen Training weiter.