Diese E-Mail wurde Blick Romandie vor einigen Tagen zugesandt: «Ich weiss nicht, ob die Medienberichterstattung über unseren Fall unsere Sache voranbringen wird. Ich schreibe Ihnen aus Verzweiflung, weil ich spüre, dass wir alles verlieren werden. Es ist die Energie der Verzweiflung, die mir die Kraft gegeben hat, Sie zu kontaktieren.»
Der Hilferuf kommt aus einem Dorf in der Freiburger Broye. Dort, einige Kilometer von Estavayer-le-Lac entfernt, sollte der Traum des 37-jährigen Kommunikationsbeauftragten Samuel und seiner 34-jährigen Frau Aurélie, die in der IT-Branche tätig und im achten Monat schwanger ist, Wirklichkeit werden. Zusammen mit drei anderen Familien haben sie ihre zweite und dritte Säule in den Bau investieren.
Doch vor Kurzem musste das Paar mit ihrem vierjährigen Sohn ein Haus beziehen, das sich noch im Bau befindet, in dem es weder Wasser noch Strom gab. «Es gab keine Türen, und die Wohnung war voller unerledigter Arbeiten», beschreibt Samuel gegenüber Blick. «Vom Fenster aus blicken wir noch immer auf einen Erdhaufen, der bei den Arbeiten für die vier Doppelhaushälften des Projekts entstanden ist.»
«Wir laufen Gefahr, alles zu verlieren»
Der Grund für die Misere: Der von ihnen beauftragte Bauunternehmer ist Konkurs gegangen. Ihm fehlt das Geld, um den Bau ihrer Häuser fertigzustellen. Samuel sagt: «Es ist eine sehr schwierige Situation für uns alle.»
Samuel ist ratlos: «Wir haben uns mit einem Architekten, einem Anwalt, einem Notar, unseren Banken beraten. Aber auch wenn wir das Gefühl haben, alles richtig gemacht zu haben, stehen wir am Rande des Abgrunds und laufen Gefahr, alles zu verlieren.»
Wohnung und Krippenplatz gekündigt
Dabei fing alles gut an. Ende 2021 unterschrieben Samuel und Aurélie einen Vertrag mit dem Generalunternehmer über eine Million Franken. Ein Fünftel erhielt dieser sofort, der Rest sollte nach Fertigstellung des Baus erfolgen, der für September 2023 geplant war.
Doch zu dem Zeitpunkt war der Bau längst nicht fertig. «In diesem Moment wurde uns klar, dass der Bauunternehmer ständig lügt», sagt Samuel. Besonders dreist: Der Bauunternehmer hatte eine baldige Schlüsselübergabe versprochen und die Familie dazu veranlasst, ihren Mietvertrag und den Krippenplatz für ihren Sohn zu künden.
Der Familie blieb nichts anderes, als den Rest des Geldes zu zahlen und den Bau zu übernehmen, um die Investition nicht zu verlieren. Zusammen mit einer weiteren Familie zog sie in die unfertigen Wohnungen ein. Der Bauherr verpflichtete sich zwar, sie für die doppelten Mietzahlungen zu entschädigen. «Letztendlich hielt er sich an nichts davon», sagt Samuel. Schlimmer noch: Da der Bauarbeiter die Subunternehmer nicht bezahlt hatte, müssen die Familien nun auch diese Rechnungen begleichen.
Unfassbar: Die konkursite Firma ist einige Wochen nach dem Bankrott unter einem anderen Namen wieder auferstanden. «In denselben Büros, mit denselben Angestellten und denselben Maschinen», sagt Samuel. Heute weiss er: Der Unternehmer hat auch andere Familien in der Region über den Tisch gezogen.
Aufruf zur Wachsamkeit
Inzwischen hat die Familie den Anwalt Jean-Rodolphe Fiechter beigezogen. Der sagt: «Leider stehen einem Bauherrn nach einem Konkurs des Bauunternehmes nur wenige Mittel zur Verfügung, um sich zu verteidigen».
Fiechter nimmt auch die Bank des Pleite-Unternehmens in die Pflicht: «Sie verfügen über eine schwarze Liste von Risikogesellschaften und können deren Bonität überprüfen, was sie auch tun sollten.»
Ferner empfiehlt Fiechtern Bauherren, über einen Bauunternehmer Erkundigungen einzuziehen, bevor sie einen Vertrag mit ihm unterschreiben, oder zumindest einen Auszug aus dem Betreibungsregister anzufordern.
Der Fehler kommt die Familien in Broye teuer zu stehen. Jede Partie muss noch einmal 100'000 Franken einschiessen, um den Bau zu beenden. «Glücklicherweise unterstützen uns unsere Banken. Sie sind bereit, einen Teil des Geldes vorzustrecken», sagt Samuel. «Aber für den Rest muss jeder selbst sorgen.»
«Hoffentlich können künftige Käufer von uns lernen», sagt Samuel.