Kurz vor seinem 65. Geburtstag kann Carlos Ghosn aufatmen: Nach mehr als drei Monaten in japanischer Untersuchungshaft kommt der prominente Ex-Chef der Autokonzerne Renault und Nissan auf Kaution in der Höhe von einer Milliarde Yen frei. Die Staatsanwaltschaft könnte allerdings Berufung gegen die Gerichtsentscheidung einlegen – oder auf Grundlage neuer Vorwürfe einen neuen Haftbefehl beantragen. Wann es zum Prozess gegen Ghosn kommt steht noch nicht fest.
Der Automanager Carlos Ghosn, der Nissan vor der Pleite gerettet und zusammen mit Renault und Mitsubishi eine mächtige internationale Autoallianz geschmiedet hatte, war am 19. November in Tokio wegen Verstosses gegen Börsenauflagen festgenommen und später angeklagt worden.
Zudem soll er laut Staatsanwaltschaft private Investitionsverluste auf Nissan übertragen haben. Ghosn beteuert seine Unschuld und sprach vor Gericht von einem Komplott gegen ihn.
Rücktritt bei Renault
Nach wiederholt gescheiterten Anträgen auf Freilassung gegen Kaution hatte Ghosn kürzlich seinen japanischen Anwalt ausgewechselt. Daraufhin übernahm der Jurist Junichiro Hironaka seine Verteidigung.
Dieser hat schon mehrmals prominente Angeklagte vertreten und häufig Freisprüche erreicht. Einen Termin für einen Prozess gegen Ghosn in Japan gibt es noch nicht. Bis dahin könnten noch Monate vergehen.
Der einst gefeierte Manager ist Architekt der Autoallianz zwischen Renault und den japanischen Herstellern Nissan und Mitsubishi. Die Japaner hatten ihn kurz nach der Verhaftung gefeuert. Bei Renault trat Ghosn später zurück. Auch der französische Konzern leitete Untersuchungen zu möglichen Unregelmässigkeiten ein und will diese bis zum Frühjahr abschliessen.
Ghosns Aufgaben bei Renault wurden aufgespalten. Jean-Dominique Senard übernahm den Präsidentenposten und ist auch für die von Ghosn entworfene Allianz mit Nissan verantwortlich. Wie das Auto-Bündnis mit dem japanischen Hersteller Nissan weitergeführt wird, bleibt abzuwarten.
In der Allianz mit Renault sei es wichtig, dass jeder Partner Eigenständigkeit besitze, sagte der neue Nissan-Chef Hiroto Saikawa jüngst. Eine übermässige Machtanhäufung wie unter Ghosn müsse künftig vermieden werden. (SDA)