Amazonas-Brände sind Weckruf
Bolsonaro gerät beim mercosurAbkommen unter Druck

Unter internationalem Druck hat der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro den Einsatz der Armee gegen die verheerenden Waldbrände im Amazonasgebiet angeordnet.
Publiziert: 24.08.2019 um 17:17 Uhr
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Aktualisiert: 26.08.2019 um 10:48 Uhr
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Der brasilianische Präsident Bolsonaro will die Armee während vier Wochen zur Bekämpfung der Waldbrände einsetzen. Die EU machte den Fortgang der Ratifizierung des Handelsabkommens mit den Mercosur-Staaten von einem glaubwürdigen Einsatz Brasiliens gegen die Brände abhängig. (Bild 23. August)

Bolsonaro erliess am Freitag (Ortszeit) ein Dekret, das für vier Wochen den Einsatz von Truppen zur Verhinderung und Bestrafung von «Umweltdelikten» und zum Kampf gegen die Flammen regelt.

Vorwürfe an Bolsonaro

EU-Ratspräsident Donald Tusk machte am Samstag den Fortgang der Ratifizierung des Handelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten von einem glaubwürdigen Einsatz Brasiliens gegen die Waldbrände abhängig.

Umweltschützer werfen Bolsonaro vor, ein politisches Klima geschaffen zu haben, in dem sich Bauern zu immer mehr Abholzung und Brandrodung ermutigt sehen. Der Staatschef hat immer wieder klar gemacht, dass er die Amazonasregion vor allem mit ungenutztem wirtschaftlichen Potenzial verbindet.

Im Verlauf der vergangenen Woche hatte Bolsonaro die Bedeutung der Waldbrände heruntergespielt und eine Einmischung aus dem Ausland abgelehnt. «Es gibt überall auf der Welt Waldbrände - und das kann nicht als Vorwand für mögliche internationale Sanktionen dienen», sagte er am Freitag noch einmal im brasilianischen Fernsehen.

Amazonas am G7-Gipfel

Als der französische Präsident Emmanuel Macron als Ausrichter des G7-Gipfels in Biarritz ankündigte, die Waldbrände bei dem Gipfel zum Thema zu machen, warf Bolsonaro ihm eine «kolonialistische Mentalität» vor.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel äusserte vor dem Treffen in Biarritz die Hoffnung auf ein klares Signal zur Bekämpfung der Waldbrände. Es werde beim G7-Gipfel auch darum gehen zu klären, wie «wir da unterstützen und helfen können», sagte Merkel in einem am Samstag veröffentlichten Video-Podcast. Ziel sei, «einen klaren Aufruf zu senden, dass alles getan werden muss, damit der Regenwald aufhört zu brennen».

Die Kanzlerin unterstützte ausdrücklich Macrons Entscheidung, die Brände auf die Tagesordnung des Gipfels zu setzen: «Unser Haus brennt - und da können wir nicht schweigen.» Durch die «schrecklichen Brände» am Amazonas sei die Welt «in ganz besonderer Weise aufgerüttelt».

Waldbrände könnte Konsequenzen für Mercosur haben

Der deutsche Aussenminister Heiko Maas warnte Bolsonaro vor wirtschaftlichen Konsequenzen. Die Umwelt- und Klimapolitik sei «von zentraler Bedeutung bei der Bewertung des EU-Mercosur-Abkommens», sagte Maas der Zeitung «Bild am Sonntag»;. Zugleich erklärte Maas ebenso wie Innenminister Horst Seehofer (CSU) die Bereitschaft Deutschlands, bei der Brandbekämpfung zu helfen.

Das brasilianische Weltraumforschungsinstitut INPE hatte Anfang der Woche alarmierende Zahlen und Satellitenbilder von Waldbränden am Amazonas veröffentlicht. Demnach gab es in Brasilien seit Anfang Jahr bereits mehr als 76'000 Waldbrände - ein Zuwachs von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hauptgrund ist die Waldrodung. Bolsonaro machte hingegen wiederholt Umweltschutzgruppen für die Waldbrände verantwortlich.

EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte in Biarritz, zwar stehe die EU weiter zu dem Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten, «doch ist es schwierig, sich einen harmonischen Ratifizierungsprozess vorzustellen, solange die brasilianische Regierung die Zerstörung der grünen Lunge des Planeten Erde zulässt».

Zuvor hatten bereits Frankreich und Irland mit einer Blockade des Freihandelsabkommens gedroht. Die Bundesregierung lehnte einen Einsatz des Abkommens als Druckmittel gegen Brasilien hingegen ab.

Minderheiten ergreifen das Wort

Der Häuptling des brasilianischen Kayapó-Volkes, Raoni Metuktire, rief die internationale Gemeinschaft zum Einschreiten gegen Bolsonaro auf. Macron und weitere internationale Akteure könnten «Druck machen», damit das brasilianische Volk Bolsonaro «los wird» und das Parlament des südamerikanischen Staates die Absetzung des Präsidenten beschliesse, sagte Raoni der Nachrichtenagentur AFP. Das Oberhaupt des Volks der Kayapó machte Bolsonaro für die Feuer im Amazonasgebiet verantwortlich.

«Er will mit dem Wald Schluss machen, mit uns», sagte Raoni. «Es ist wirklich schrecklich, was er macht.» Der brasilianische Präsident stachle die Bauern dazu an, den Regenwald in Flammen zu setzen, um zusätzliches Ackerland zu gewinnen.

US-Präsident Donald Trump bot Brasilien Unterstützung im Kampf gegen die Waldbrände an. In einem Telefonat habe er Bolsonaro gesagt, dass die USA bereit stünden, wenn ihre Hilfe benötigt werde, sagte Trump. (SDA)

Mercosur - Merco-was?

Mercosur ist die Abkürzung für Mercado Común del Sur, zu Deutsch «Gemeinsamer Markt des Südens». Es handelt sich hierbei um einen Binnenmarkt der Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Weitere Staaten wie Ecuador, Chile und Bolivien sind assoziiert.

Die Schweiz will ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten aushandeln. Denn so bekäme die Schweizer Wirtschaft Zugang zu einem Markt, der 260 Millionen Menschen und ungefähr 72 Prozent der Fläche Südamerikas umfasst. Hier liegt also ein gigantischer Absatzmarkt für die Schweiz.

Die EU ist schon weiter

Bis jetzt exportiert die Schweiz nur Waren und Dienstleistungen im Wert von vier Milliarden Franken in den Süden Amerikas. Das liegt gemäss des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse an den hohen Importzöllen. Durchschnittlich sieben Prozent Zoll muss zahlen, wer seine Waren im Mercosur-Raum verkaufen will. Es kann aber auch deutlich mehr sein – bis zu 35 Prozent. Solche Zölle würden mit einem Freihandelsabkommen schrittweise abgebaut.

Die EU hat mit den Mercosur-Staaten im Juni ein Freihandelsabkommen geschlossen. Das heisst: Schweizer Unternehmen sind gegenüber der EU-Konkurrenz massiv benachteiligt.

Schweiz auf der Zielgeraden?

Eine generelle Einigung wurde bereits erzielt, auch wenn noch nicht alle Details klar sind und noch nichts unterschrieben ist. Und dann muss auch das Parlament seinen Segen geben. Skepsis herrscht bei Linken und Bauern. Denn damit die Schweizer Maschinenindustrie und Dienstleister Südamerika erobern können, verlangen die Mercosur-Staaten im Gegenzug, dass ihre Agrarprodukte zollfrei in die Schweiz gelangen.

Und das ängstigt die Schweizer Bauern. Denn Brasilien und Argentinien sind Agrar-Riesen. Insbesondere bei der Rindfleisch-Produktion können es die hiesigen Landwirte nicht mit den Südamerikanern aufnehmen. (sf)

Mercosur ist die Abkürzung für Mercado Común del Sur, zu Deutsch «Gemeinsamer Markt des Südens». Es handelt sich hierbei um einen Binnenmarkt der Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Weitere Staaten wie Ecuador, Chile und Bolivien sind assoziiert.

Die Schweiz will ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten aushandeln. Denn so bekäme die Schweizer Wirtschaft Zugang zu einem Markt, der 260 Millionen Menschen und ungefähr 72 Prozent der Fläche Südamerikas umfasst. Hier liegt also ein gigantischer Absatzmarkt für die Schweiz.

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Eine generelle Einigung wurde bereits erzielt, auch wenn noch nicht alle Details klar sind und noch nichts unterschrieben ist. Und dann muss auch das Parlament seinen Segen geben. Skepsis herrscht bei Linken und Bauern. Denn damit die Schweizer Maschinenindustrie und Dienstleister Südamerika erobern können, verlangen die Mercosur-Staaten im Gegenzug, dass ihre Agrarprodukte zollfrei in die Schweiz gelangen.

Und das ängstigt die Schweizer Bauern. Denn Brasilien und Argentinien sind Agrar-Riesen. Insbesondere bei der Rindfleisch-Produktion können es die hiesigen Landwirte nicht mit den Südamerikanern aufnehmen. (sf)

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