Was macht ein Multi-Millionär im Gefängnis? Er versucht, sich mit seinem Geld das Leben hinter Gittern möglichst angenehm zu gestalten. Das hatte offenbar auch Jeffrey Epstein (†66) gemacht, bevor er sich nach Missbrauchsvorwürfen das Leben genommen hat.
Die «New York Times» hat mit Aussagen von Anwälten und Gefängnis-Mitarbeitern nachkonstruiert, wie Epstein die letzten Tage im Metropolitan Correctional Center in Manhattan verbracht hatte. Gemäss der Zeitung lebte er in Angst vor seinen Mithäftlingen, weil Männer, die Minderjährige missbraucht haben, in der Gefängnishierarchie ganz unten stehen und häufig angegriffen werden. Epstein habe daher mindestens drei anderen Häftlingen Geld auf deren Konten beim Gefängnisladen überwiesen – eine Art Schutzgeldzahlung.
Bis zu zwölf Stunden täglich mit Anwälten verbracht
Um möglichst oft seine Zelle verlassen zu können, habe er Anwälte bezahlt, damit sie ihn im Gefängnis besuchen kommen. So habe Epstein bis zu zwölf Stunden täglich in einem Besprechungszimmer verbracht – oft sei er einfach schweigend und gelangweilt dagesessen. Die «New York Times» zitiert einen Anwalt: «Es war Schichtarbeit, komplett entworfen von jemandem, der unendliche Ressourcen hatte, um so viel Komfort wie möglich zu bekommen.»
Als Epstein 2005 wegen Missbrauchs einer 14-Jährigen angeklagt und verurteilt wurde, konnte er erfolgreich aushandeln, dass er nur 13 Monate hinter Gittern verbringen musste. Nach der Verhaftung Anfang Juli 2019 nützte ihm sein finanzielles Angebot allerdings nichts: Sein Gesuch, auf Kaution freizukommen und sich auf eigene Kosten unter Hausarrest stellen zu lassen, wurde abgeschmettert.
Fünf Tage nach der Ablehnung dieses Gesuchs wurde er am 23. Juli bewusstlos in der Zelle gefunden, vermutlich nach einem Suizidversuch. Anschliessend soll sich sein Zustand drastisch verschlechtert haben. Ein Anwalt berichtet: «Er war der Kommunikation mit Dritten beraubt, sah zerzaust aus, schlief manchmal am Boden.»
Nun sind die Komplizen dran
Am 10. August wurde Epstein erneut in seiner Zelle gefunden. Er hing in einem Bettlaken und war nicht ansprechbar. Kurz darauf war er tot. Man geht von Suizid aus, der Obduktionsbericht steht allerdings noch aus.
Die Ermittler nehmen nun seine Komplizen ins Visier, um herauszufinden, welche Verfehlungen Epstein begangen hatte und wer in den Missbrauch involviert war. Im Gegensatz zu 2005 haben sich die US-Behörden dieses Mal von Epsteins Millionen nicht blenden lassen. (gf)