Auf der Lifeline harren seit Donnerstag 234 Flüchtlinge aus – das deutsche Rettungsschiff liegt südwestlich von Malta und wartet darauf, die Menschen an Land bringen zu dürfen.
Sowohl Malta als auch Italien hatten dem Schiff das Anlaufen verweigert. «Italien anlaufen – das können sie vergessen!», hatte Innenminister Matteo Salvini am Samstag auf Facebook geschrieben. Der Politiker der fremdenfeindlichen Lega-Partei hatte die geretteten Flüchtlinge zudem als «Menschenfleisch» bezeichnet.
Mission Lifeline reagierte am Sonntag empört. «Lieber Matteo Salvini, wir haben kein Fleisch an Bord, nur Menschen», antwortete die Hilfsorganisation auf ihrer Facebook-Seite. «Wir laden Sie herzlich ein, sich davon zu überzeugen, dass das Menschen sind, die wir vor dem Ertrinken gerettet haben.» Wenn Salvini ihn festnehmen wolle, solle er persönlich vorbeikommen, sagte Kapitän Claus-Peter Reisch zur Agentur DPA.
In einem Interview mit der «Zeit» schildert Alex Steier von der Mission Lifeline die Situation. «Weil wir momentan die zehnfache Menge Menschen an Bord haben als normalerweise, ist in anderthalb Tagen aufgebraucht, was sonst für zwei Wochen reicht», so Steier. Wo es hingehen soll, weiss er noch nicht genau. «Die maltesische Regierung und Soldaten sind alle ganz freundlich, aber man will die Verantwortung nicht, und man wünscht sich uns dort weg. Italien weigert sich ebenfalls. Wir werden also erst mal mehr nach Norden fahren.»
Als «unschöne» Variante zählt Steier auf, so lange zu warten, bis aus dem Schiff ein Notfall werde. «Wenn in einer Woche beispielsweise ein Unwetter aufzieht und wir fürchten, dass jemand über Bord geht, sind wir gezwungen, ein Mayday auszusenden. Dann wären wir ein neuer Einsatzfall und müssten einen Hafen zugewiesen bekommen.»
Kein Durchbruch am EU-Flüchtlingsgipfel
Am Sonntag erhielt das Schiff eine Ladung von Hilfsgütern von den Organisationen Sea-Eye und Sea-Watch. Ebenfalls gab es Besuch von zwei Abgeordneten der deutschen Grünen. Manuel Sarrazin prangerte an, dass «das Schicksal dieser Menschen zum Faustpfand im Streit über die europäische Asylpolitik werde».
Es sieht nicht so aus, als ob es im Streit über die Flüchtlings- und Migrationspolitik bald eine Lösung gibt. Auch beim Sondertreffen von 16 EU-Staaten gab es am Sonntag in Brüssel keinen Durchbruch. Und dass verzweifelte Menschen dennoch aufbrechen, zeigte die Tatsache, dass am Sonntag wieder rund 1000 Bootsflüchtlinge vor der libyschen Küste in Schwierigkeiten gerieten.
Das Schicksal der Lifeline erinnert an die Geschichte des Hilfsschiffs Aquarius, das vor einer Woche tagelang mit 630 Flüchtlingen an Bord über das Mittelmeer geirrt war, weil es in Italien nicht anlaufen durfte. Die Aquarius konnte schliesslich im spanischen Valencia anlegen. (rey/SDA)