Am vergangenen Montag stösst Habte A. (40) einen Jungen (†8) am Frankfurter Hauptbahnhof vor einen ICE (BLICK berichtete). Der Bub wird vom Zug erfasst und stirbt am Unfallort. Über das Motiv ist bislang nichts bekannt. Habte A., gebürtiger Eritreer, lebt seit Jahren in der Schweiz, hat wohl psychische Probleme. Kurz vor der Tat sperrt er seine Frau und seine drei Kinder (1, 3 und 4) zu Hause in Wädenswil ZH ein. Sie zeigt ihn an, er wird zur Fahndung ausgeschrieben. Allerdings nur in der Schweiz. Habte A. kann nach Deutschland flüchten. Wo er am Frankfurter Hauptbahnhof wieder auftaucht.
Als Reaktion darauf will der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) wieder Kontrollen an der Grenze zwischen beiden Ländern einführen. «Ich werde alles in die Wege leiten, um intelligente Kontrollen an der Grenze vorzunehmen», sagte er dem «Spiegel» laut Vorabmeldung vom Freitag. Bis September werde er dazu ein Konzept vorlegen.
43'000 unerlaubte Einreisen
Seehofer sagte dem «Spiegel», im vergangenen Jahr seien 43'000 unerlaubte Einreisen nach Deutschland registriert worden. «Diesem Umstand müssen wir begegnen, durch eine erweiterte Schleierfahndung und anlassbezogene, zeitlich befristete Kontrollen auch unmittelbar an der Grenze – auch an der Grenze zur Schweiz.»
Sowohl Deutschland als auch die Schweiz gehören zum Schengenraum. Innerhalb dieses Gebiets gibt es beim Grenzübertritt in der Regel keine Personenkontrollen.
Sicherheit kostet viel Geld
Seehofer bekräftigte im Gespräch mit dem «Spiegel» auch sein Vorhaben, die Sicherheitsvorkehrungen an Bahnhöfen erhöhen. Dabei sollten etwa Schleusen oder Sperren an Bahnsteigen diskutiert werden. Im September werde es hierzu ein Treffen mit dem deutschen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), dem Bahnvorstand sowie Experten für Bahnsicherheit geben, kündigte Seehofer an.
Die Kosten für die Massnahmen könnten seinen Angaben zufolge in die Milliarden gehen: «Über die Jahre werden wir mit einem Millionenbetrag nicht auskommen», sagte er.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte mit Verweis auf das Frankfurter Tötungsdelikt, die Fahndungspraxis der Schengenstaaten auf europäischer Ebene zu verbessern und europäische Polizeidatenbanken weiter zu vernetzen. «In das Schengener Informationssystem werden mit höchst unterschiedlicher Intensität Daten über gesuchte Verdächtige oder Täter eingegeben», beklagte der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt.
Deutschland mache davon «ausgesprochen umfangreich» Gebrauch, andere Länder aber nicht. «Es gäbe schon einen grossen Erkenntnisgewinn, wenn dies einheitlich auf hohem Niveau gemacht würde.» (SDA/vof)