Muss Alaska zittern?
So gefährlich ist Kims Rakete

Die Welt ist nach dem neusten Raketentest von Nordkorea in Aufruhr. Doch was kann die KN-14 wirklich? BLICK nimmt die Interkontinentalrakete unter die Lupe.
Publiziert: 10.07.2017 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:46 Uhr
Nordkorea hat es bewiesen: Die KN-14 kann mehr als 5000 Kilometer zurücklegen und ist somit eine interkontinentale ballistische Rakete.
Foto: Wong Maye-E
Roman Rey

Die Experten schlucken leer. Nordkorea ist es erstmals gelungen, eine Interkontinentalrakete erfolgreich abzufeuern – das rückt Hunderttausende US-Bürger ins Visier des unberechenbaren Machthabers Kim Jong Un. Denn mit einer Reichweite von geschätzten 6000 Kilometern könnte eine Rakete den US-Bundesstaat Alaska erreichen.

Dabei handelt es sich um eine in Nordkorea entwickelte Rakete des Typs Hwasong-14 (KN-14). Im Vergleich zur älteren KN-08, die bisher als Kandidatin für Nordkoreas erste funktionierende Interkontinentalrakete galt, ist sie simpler und wohl zuverlässiger. Sie kommt mit nur zwei statt drei Stufen aus.

Mit einer theoretischen Reichweite von rund 6000km könnte die getestete Hwasong-14 Rakete die Stadt Anchorage im US-Bundesstaat Alaska erreichen.
Foto: Ringier Infographics

Was die Rakete wirklich anrichten kann, lässt sich schwer abschätzen. Die Nordkoreaner haben sie bei ihrem Test steil nach oben geschossen – ihre mögliche Laufbahn basiert also auf Schätzungen. Zudem stellt sich die Frage, ob die Rakete wirklich einen Atom-Sprengkopf so weit tragen könnte.

Robert Schmucker, Raketen-Experte und emeritierter Professor an der TU München, ist skeptisch: «Die Düse ist viel zu klein», sagt er nach der Analyse aktueller Fotos zu BLICK. «Sie ist mit geringer oder keiner Nutzlast geflogen.»

«Sie könnte Leben von US-Bürgern gefährden»

Auch bleiben andere Fragen offen. Etwa, ob die Nordkoreaner das Wissen haben, Ziele präzis anzusteuern. «Das ist ein hochkomplexer Prozess», sagt der deutsche Raketen-Experte Markus Schiller. Andere Fachleute merken an, dass die Montage eines Nuklear-Gefechtskopfs an der Rakete eine grosse Herausforderung darstelle, bei der die Nordkoreaner bisher wenig sichtbare Fortschritte gezeigt hätten.

Doch politisch gesehen spielen diese Faktoren nur eine geringe Rolle. «Es geht um Wahrscheinlichkeiten. Die Rakete könnte US-Gebiet treffen. Sie könnte Leben von US-Bürgern gefährden», sagt Schiller. «Und das verändert die Ausgangslage entscheidend.» Was die Amerikaner besonders nervös macht: Die 300'000-Einwohner-Stadt Anchorage in Alaska liegt offenbar in Reichweite der KN-14.

«Vielleicht zaubern sie noch etwas aus dem Hut»

Doch wie kommt das bitterarme Land zu so einer Rakete? Für Robert Schmucker ist klar: «Die festen Komponenten kommen aus China, die flüssigen aus Russland.» Dass die Nordkoreaner fremdes Material benutzen, sehe man daran, dass die verschiedenen Teile nicht wirklich zusammenpassen. «Die Schweisserei geschieht in Nordkorea, und die ist sichtlich schlecht», sagt Schmucker.

Doch Nordkorea wusste in den letzten Monaten immer wieder zu verblüffen – zuletzt im Mai, als eine Rakete des Typs Pukguksong-2 im Pazifik landete. Ihr wurde eine Reichweite von rund 4500 Kilometern zugeschrieben.

Und das ist wohl noch nicht alles. «Gut möglich, dass die Nordkoreaner noch etwas aus dem Hut zaubern», sagt Experte Schiller. «Vielleicht haben sie in einem Lagerhaus noch etwas, was sie der Welt zeigen wollen.»

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