Nach rund anderthalb Jahren ist der Mord am slowakischen Journalisten Jan Kuciak (†27) und seiner Verlobten Martina Kusnirova (†27) noch nicht vollständig aufgeklärt. Denn nun kommt Brisantes ans Licht.
Der slowakische Geschäftsmann Marian Kocner (56), der angeklagt ist, den Mord in Auftrag gegeben zu haben, stand in noch viel engerer Beziehung zu Mitgliedern der damaligen Regierung als angenommen – er wollte sie sogar trotz den Protesten Zehntausender Slowaken im Amt halten.
Das zeigen Nachrichten des Messenger-Dienstes «Threema» von Kocners Handy, die die Online-Zeitung «Dennik N» auszugsweise veröffentlicht hat. Hunderte dieser Nachrichten hatte Kocner zwischen September 2017 und Mai 2018 mit Alena Zsuzsova ausgetauscht. Sie hat den Mord an Kuciak mutmasslich mitverantwortet und sogar engen Kontakt zu einem Staatsanwalt, der darüber seinen Job verlor.
Kocner wollte Premier «den Arsch retten»
Bei den engen Politiker-Beziehungen geht es um den zurückgetretenen Regierungschef Robert Fico (54), Ex-Innenminister Robert Kalinak (48) und den Chef der Koalitionspartei Most-Hid, Bela Bugar (61) und Andrej Danko (45) Chef des nationalistischen Koalitionspartners und Parlamentspräsident, zu denen Kocner in engem Kontakt stand.
Klar war bisher lediglich, dass Kocner und Fico Nachbarn in einer Luxus-Immobilie waren. Dass er sich mehrmals mit dem Vorsitzenden der Regierungspartei Smer-SD privat traf, ist neu. «Schei..., ich fürchte, dass es der Balken nicht schaffen wird», schrieb Kocner zwei Tage nach dem Mord in einer Nachricht an Zsuzsova.
Enge Verbindungen zu Innenminisiter
«Balken» ist ein Spitznamen für Robert Fico, den slowakischen Medien verwenden. Später schrieb Kochner weiter, er werde sich mit Premier Fico treffen. «Ich werde ihm den Arsch retten.» Warum Kocner dem Premier helfen wollte, im Amt zu bleiben, ist noch unklar. Fakt ist: Es gelang ihm nicht. Fico legte sein Amt nieder, kurz nachdem Innenminster Kalinak zurückgetreten war.
Kalinak, den Kocner nur «Kali» nennt, bezeichnet er als jemanden, der «auf meiner Seite» ist. Innenminister «Kali» würde sich um die Registrierung einer Partei kümmern, die Kocner gründen wollte, schrieb dieser in einer Threema-Nachricht. Für Danko habe er einmal Dokumente für eine Talk-Show vorbereitet, schrieb Kocner.
Getroffen hat sich Geschäftsmann Kocner auch mit Bela Bugar – und zwar auf den Malediven. Bugar hatte das erst abgestritten, von einem zufälligen Zusammentreffen gesprochen, an dem man sich nur begrüsst habe. Doch wie die privaten Chat-Nachrichten Kocners nun zeigen, hat der Chef der Minderheitenpartei Most-Hid gelogen.
Parteichef räumt Malediven-Treffen ein
Laut den Threema-Nachrichten hatten die beiden ein gemeinsames Zmorge, möglicherweise trafen sie sich mehrmals. Kocner schrieb in dem Chat mit Zsuzsova, dass er versuchen würde die Regierung von Sozialdemokraten, Nationalpartei und Most-Hid von Bela Bugar an der Macht zu halten. «Ich sag ihm, was ich an seiner Stelle tun würde», schrieb Kocner an Zsuzsova. Bugar hat mittlerweile ein Treffen eingeräumt.
Die Nachrichten zeigen aber nicht nur, wie eng verbandelt Kocner mit der Politik ist. Sie zeichnen auch das Bild eines pietätlosen Mannes. So schrieb er nach dem Mord an Kuciak und dessen Verlobten eine Nachricht an Zsuzsova, in der er sich über den erschossenen Journalisten lustig macht. «Ich werde eine Stiftung des Heiligen Jan Kuciak, Patron der Journalisten, gründen. Wer würde ein besserer Patron sein als jemand, der eine Patrone in sich hat.» Kuciak war mit zwei Schüssen in die Brust getötet worden.