Robert Kalinak (46), der Innenminister der Slowakei, ist am heutigen Montag zurückgetreten. Einige Politiker und Zehntausende Slowaken auf der Strasse hatten seinen Rücktritt gefordert. Denn eine neutrale Untersuchung des Mordes am Ringier-Journalisten Jan Kuciak (†27) sei mit Kalinak als Innenminister nicht möglich.
Dieser sagte nun an einer Pressekonferenz, es sei wichtig, dass dieser Schritt als Bemühung um Stabilität wahrgenommen werde. Er habe sich «frei» zu diesem Schritt entschlossen.
Innenminister Robert Kalinak verklagt
Doch wie viele solcher vermeintlich freien Entscheidungen in der Politik ist es eine aufgezwungene. Bereits vergangene Woche ging das Gerücht durchs politische Bratislava, der Innenminister der Regierungspartei Smer-SD würde abtreten.
Gegen ihn gingen schon im vergangenen Jahr Tausende Slowaken auf die Strasse, weil er im Verdacht steht, einen Steuerbetrüger gedeckt zu haben. Im Mordfall Kuciak machte Kalinak keine gute Figur: So tauchte ein ranghoher Ministeriumsmitarbeiter am Tatort auf, der mit Gewaltverbrechen von seinem Job her gar nichts zu tun hat – dafür privat mit einem umtriebigen Geschäftsmann, zu dem der Journalist Kuciak recherchiert hatte.
Ausserdem ist nun klar, dass Kalinaks Innenministerium Warnungen italienischer Behörden zu Mafia-Umtrieben in der Slowakei nicht nachging. Kalinak bestreitet heute, er habe solche Benachrichtigungen bekommen. Nun hat sogar ein Staatsanwalt, den Kalinak diskreditiert und entmachtet hatte, gegen den Innenminster Klage eingereicht.
«Fico wirft Ballast ab»
Kurzum: Kalinak wurde zu einer immer grösseren Belastung für seinen politischen Ziehvater, Regierungschef Robert Fico (53). Ein Redaktor der News-Plattform Aktuality.sk, für die Kuciak gearbeitet hatte, drückt es gegenüber BLICK so aus: «Fico fliegt mit einem Heissluftballon. Wenn der nicht sinken soll, muss er Ballast abwerfen.»
Das muss er. Denn der Koalitionspartner Most-Hid hatte auch schon Kalinaks Kopf gefordert. Man könnte auch sagen, Regierungschef Fico opfert einen Bauern wie beim Schach.
Der Premier kennt sich aus mit dem Spiel, ist Schirmherr einer Schachmeisterschaft im Mai in der Nordslowakei. Er weiss auch, dass es wehtun kann, einen Bauern zu opfern. Denn erreicht einer die Grundreihe des Gegners, darf man ihn eintauschen – etwa in einen Läufer oder eine Dame. Und das war einst Ficos Plan.
Als er 2014 bei den Präsidentschaftswahlen kandidierte, war vielen klar: Würde Fico Staatsoberhaupt, übernähme sein Zögling Kalinak den Posten als Regierungschef. Fico scheiterte damals aber gegen den heutigen Präsidenten Andrej Kiska (55), dem er nun vorwirft, gemeinsam mit «ausländischen Kräften» die Slowakei destabilisieren zu wollen.
Koalitionspartner halten nicht an Regierung fest
Fico hat nun sozusagen seinen Lieblingsbauern Kalinak geopfert, um die Regierung zusammenzuhalten. Als Zückerli soll er dem Koalitionspartner Most-Hid sogar noch das Kulturministerium angeboten haben. Ob dies alles rechtzeitig kommt, ist fraglich.
Am morgigen Dienstag wird Most-Hid entscheiden, ob sie weiterhin in der Regierung bleiben will. Der andere Koalitionspartner, die rechte Partei SNS, hat erklärt, sie werde nicht an dem Posten in der Regierung festhalten. Man sei bereit, Gespräche über Neuwahlen zu führen. Bröckelt die Regierung, könnten die Oppositionsparteien genügend Stimmen für ihr angepeiltes Misstrauensvotum zusammenkratzen.
Das Bauernopfer, es könnte zu spät gekommen sein.