Zwei Geiseln sterben im Lindt-Café
IS-Eiferer feiern Geiselnehmer von Sydney

In einem Lindt-Café in Sydney hat ein Geiselnehmer Kunden und Mitarbeiter festgehalten. Am späten Nachmittag stürmte die Polizei das Gebäude. Dabei gab es drei Tote, einer davon ist der Geiselnehmer.
Publiziert: 15.12.2014 um 14:57 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2018 um 13:10 Uhr

16 Stunden hielt Man Haron Monis (†50) 17 Geiseln in dem Lindt Café im Herzen von Sydney gefangen. In den frühen Morgenstunden stürmte die Polizei das Lokal. Der Geiselnehmer und zwei Geiseln sind tot.

Die Stürmung

Zur Stürmung des Restaurants kam es, nachdem Polizisten Schüsse im Innern des Cafés hörten, sagte Andrew Scipione, Polizeichef des Gliedstaates New South Wales. Laut Medienberichten soll der Geiselnehmer eingeschlafen sein, worauf mehrere Geiseln die Flucht suchten.

Bei der Stürmung wurde der Geiselnehmer erschossen. Ausserdem sterben die beiden Geiseln Katrina Dawson (†38) und der Chef des Lindt-Cafés, Tori Johnson (†34). Johnson starb offenbar, als er versuchte Monis die Waffe abzunehmen. Vier weitere Frauen sowie ein Polizist wurden mit nicht lebensbedrohlichen Verletzungen ins Spital gebracht.

Die Bedrohung

Fünf der 17 Geiseln waren bereits während des Tages freigekommen. Unklar ist, ob sie geflüchtet sind oder ob sie - allenfalls aufgrund von Verhandlungen - freigelassen wurden. Auf TV-Bildern konnten Fernsehzuschauer live verfolgen, wie die sichtlich verschreckten Männer und Frauen aus dem Café rannten.

Im Innern des Cafés sei kein Sprengstoff gefunden worden, sagte Scipione weiter. Mehrmals war während des Tages das Gerücht aufgekommen, der Geiselnehmer habe mit der Zündung einer Bombe gedroht.

Der Täter

Der Geiselnehmer, der vor rund 20 Jahren aus dem Iran nach Australien flüchtete und in Sydney lebte, war eine skurrile Figur und der Polizei gut bekannt. Er befand sich zum Zeitpunkt der Tat unter Kaution auf freiem Fuss. Ihm wird vorgeworfen, in den Mord an seiner Ex-Frau verwickelt zu sein. Er ist offenbar vorbestraft.

Aufgefallen war er zudem, als er vor einigen Jahren Hassbriefe an die Familien von im Ausland gefallener australischer Soldaten verschickte. Ebenfalls verantworten muss er sich wegen des Verdachts, mehrere Frauen sexuell missbraucht zu haben, als er als «spiritueller Heiler» arbeitete. Mehr zu Man Haron Monis lesen Sie hier.

Die Motive

Während der Mann seine Tat offensichtlich mit islamistischen Motiven begründete, weist vorerst nichts darauf hin, dass er Kontakte zu bekannten Dschihadistengruppen wie dem Islamischen Staat (IS) unterhielt. Der Geiselnehmer zwang seine Opfer dazu, eine Flagge mit dem islamischen Glaubensbekenntnis am Fenster des Cafés hoch zu halten.

Polizeichef Scipione bezeichnete die Geiselnahme als «isolierten Fall». Er geht von einem Einzeltäter aus. Australische islamische Geistliche verurteilten die Tat und versicherten gegenüber TV-Sendern, die radikalen Ansichten des Mannes würden von keiner muslimischen Hauptströmung geteilt. Auch der Iran verurteilte den Akt.

Die Forderungen

Für seine Zwecke hatte der Geiselnehmer während des ganzen Tages alte und neue Medien eingesetzt. So zwang er Geiseln dazu, Journalisten anzurufen, um seine Forderungen zu stellen. Von Konten der Geiseln wurden zudem Posts auf Sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter abgesetzt, die Forderungen des Geiselnehmers formulierten.

Nach Medienberichten forderte er unter anderem ein Gespräch mit dem australischen Ministerpräsidenten Tony Abbott, das live ausgesendet werden sollte. Zudem soll er verlangt haben, dass seine Tat als terroristischer Akt eingestuft wird und er eine Flagge des IS erhält. Die Polizei bestätigte diese Forderungen allerdings vorerst nicht.

Der Tatort

Monis wählte als Tatort das Lindt-Café am Marin Place, wohl wegen dessen zentraler Lage. Der Platz ist einer der belebtesten in Sydneys zentralem Geschäftsviertel und liegt direkt gegenüber den Studios eines TV-Senders.

Die Beamten sperrten den Bereich einige hundert Meter um den Tatort ab. Hunderte, wenn nicht tausende Leute in Banken und anderen Firmen rund um den Martin Place mussten ihre Arbeitsplätze verlassen. Schwer bewaffnete Einsatzkräfte in kugelsicheren Westen waren stundenlang in Stellung. Gebäude wurden zeitweise geschlossen, darunter auch das berühmte Opernhaus.

Die Reaktionen

Lindt & Sprüngli zeigte sich in einer Mitteilung nach der Geiselnahme tief betroffen. Das Unternehmen werde den Opfern und deren Angehörigen jegliche Unterstützung zukommen lassen, hiess es in einer Mitteilung vom Firmenhauptsitz in Kilchberg ZH. Er sei «schockiert und zutiefst traurig», liess sich Konzernchef Ernst Tanner zitieren.

Die australische Regierung steht beim Kampf gegen die sunnitische Miliz IS an der Seite der USA und hat mehrfach vor Anschlägen von Islamisten gewarnt, die aus Kriegsgebieten nach Australien zurückkehren. Mehrmals hat die Polizei Verdächtige verhaftet, die Terrororganisationen finanziert oder für sie Kämpfer rekrutiert haben sollen. Die Regierung verschärfte bereits mehrere Gesetze, wobei sie auch die Pressefreiheit einschränkte.

Ministerpräsident Tony Abbott bedankte sich in einer kurzen Ansprache am Dienstagmorgen bei den Sicherheitskräften in Sydney. Es gebe Leute in Australien, die gewaltsam politisch motivierte Akte ausführen wollten, sagte er weiter. «Wir sind bereit, darauf zu reagieren.» (SDA/ent)

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