Die Welt spekuliert – und Nordkorea schweigt. Seit dem vergangenen Montag kursieren Berichte, Kim Jong Un befinde sich nach einer Operation «in ernster Gefahr». Mittlerweile sei er in einem «vegetativen Zustand». Ohne Aussicht auf Besserung. Bestätigt wurde bisher nichts.
Satellitenbilder deuten jetzt darauf hin, dass der Diktator doch noch lebt. Möglicherweise hält er sich in seiner Residenz in Wonsan auf, einem Küstenort 200 Kilometer westlich von Pjöngjang.
Die Aufnahmen aus der Luft zeigen nämlich Waggons am persönlichen Bahnhof des Machthabers in Wonsan. Wohl handelt es sich dabei um Kims privaten Luxus-Zug. Am 21. und 23. April stand das Gefährt gemäss der Bilder am Perron.
«War diese Woche in Wonsan»
Ein südkoreanischer Beamter bestätigt anonym gegenüber der «Washington Post»: «Uns ist bekannt, dass der Vorsitzende Kim Jong Un diese Woche in Wonsan war.» Die eigenen Geheimdienste und jene der USA hätten keinerlei Informationen, dass der Diktator tot sei.
Dass Kim Jong Un nach wie vor lebt, wird auch von Moon Chung-in, dem wichtigsten aussenpolitischen Berater des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in, untermauert. «Kim Jong Un ist am Leben und wohlauf. Er hält sich seit dem 13. April im Gebiet Wonsan auf. Bislang wurden keine verdächtigen Bewegungen festgestellt», sagt Moon Chung-in zu «CNN».
Am gestrigen Samstag brodelte die Gerüchteküche um Kims Zustand heftig, China heizte weiter an. So soll das Land ein Team nach Nordkorea entsandt haben, um Kim Jong Un zu beraten. Mit dabei seien auch medizinische Experten, bestätigen drei Quellen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Gerüchteküche brodelt seit einem Bericht des japanischen Wochenmagazins «Shukan Gendai» am Freitag, wonach dieses in direktem Kontakt mit einem von Kims chinesischen Ärzten stehe.
Misslungener Noteingriff?
Demnach habe Kim bei einem Ausflug in die Provinz Anfang Monat plötzlich seine Brust umklammert und sei zu Boden gefallen. Ein Arzt, der Kim begleitete, leitete sofort eine Herz-Lungen-Wiederbelebung ein und brachte ihn zur Notversorgung in ein nahe gelegenes Krankenhaus.
Dort habe ein in China ausgebildeter Chirurg eine Herz-Stent-Operation durchgeführt – ein Vorgang, der etwa eine Minute dauern kann. Der Chirurg sei jedoch sehr nervös gewesen und seine Hände zitterten. Er habe ungefähr acht Minuten für den Standardeingriff gebraucht – nicht gewohnt, an solch fettleibigen Personen wie Kim zu operieren.
Inzwischen befinde sich Kim in «vegetativem Zustand», so das Magazin. Auch die chinesischen Ärzte seien nicht mehr imstande, etwas auszurichten.
Gerüchte ranken sich um Machthaber
Die am Donnerstag nach Nordkorea entsandte Ärztedelegation wird von einem hochrangigen Mitglied der Internationalen Verbindungsabteilung der Kommunistischen Partei China angeführt.
Wie es wirklich um den Diktator steht, ist ungewiss. In den sozialen Netzwerken heisst es etwa, Kim Jong Un sei im Koma, hirntot oder an Covid-19 erkrankt.
Die Vizedirektorin des chinesischen Fernsehsenders HKSTV in Hong Kong will aus einer «verlässlichen Quelle» von Kims Tod erfahren haben. Auch hier liegt keinerlei Bestätigung vor. Klar ist nur: Seit Mitte Monat gibt es kein Lebenszeichen des Machthabers.
Trump wünscht «gute Besserung»
US-Präsident Donald Trump (73) glaubt nicht an die Gerüchte, hält Kim für quicklebendig. Dennoch wünschte er ihm bei einer Pressekonferenz «Gute Besserung».
So auch der hochrangige US-General John Hyton. Dieser hatte bereits am Mittwoch gesagt, dass der Diktator weiterhin die Geschicke seines Landes leite – im Zweifelsfall aus dem Spitalbett: «Ich vermute, dass Kim Jong Un noch volle Kontrolle über die koreanischen Atomwaffen und die koreanischen Streitkräfte hat.»
Die Meinungen und Vermutungen gehen also auseinander – weiterhin. Bis Pjöngjang endlich Stellung nimmt. Oder China erklärt, was es mit der Delegation auf sich hat. (hah/szm/kes/rad)