Ein bisschen ist das mit Kim Jong Un gerade wie mit Schrödingers Katze: Wie bei dem Gedankenexperiment aus der Physik ist bei Nordkoreas Machthaber unklar, ob er tot oder lebendig ist.
Seit Montagabend wird über den Gesundheitszustand von Kim Jong Un spekuliert. Angefangen hatte es mit einem Bericht der vor allem von nordkoreanischen Flüchtlingen betriebenen Onlinezeitung «Daily NK» mit Sitz in Seoul (Südkorea). Dort hiess es, dass Kim Jong Un sich nach einer Operation erhole. Kurz darauf berichtete «CNN» unter Berufung auf Quellen des US-Geheimdienstes, dass sich der derzeitige Führer Nordkoreas nach einer Operation «in ernster Gefahr» befinde.
Seither ist die Gerüchtewelle in den sozialen Medien kaum zu stoppen. Ist Kim Jong Un hirntot, im Koma – oder an COVID-19 erkrankt? Was Bericht, was Spekulation ist, ist dabei oft nicht klar.
Trump hält Berichte für falsch
US-Präsident Donald Trump (73) hält den nordkoreanischen Machthaber für quicklebendig. «Ich denke, die Berichte waren falsch», sagte Trump am Donnerstag laut Reuters bei einem täglichen Briefing im Weissen Haus. Er sagte allerdings nicht, woher die Informationen stammen.
Der hochrangiger US-General John Hyton hatte bereits am Mittwoch gesagt, dass der Diktator weiterhin die Geschicke seines Landes leite – im Zweifelsfall aus dem Spitalbett: «Ich vermute, dass Kim Jong Un noch volle Kontrolle über die koreanischen Atomwaffen und die koreanischen Streitkräfte hat.»
Was aber passiert, wenn Kim Jong Un doch tot ist – oder bald stirbt? «Das wäre ein riesiger Schock für das System und Nordkorea würde durch eine Übergangsphase gehen. Eine stabile allerdings», zitiert «Foreign Policy» den Nordkorea-Experten Go Myong-hyun.
Schwester oder Bruder könnten auf Jong Un folgen
In Nordkorea gilt die Nachfolger-Regelung: Auf einen Kim folgt ein Kim aus der selben Dynastie. Kims kleine Schwester Kim Yo Jong (31) etwa käme infrage. Ohne sie lief zuletzt nichts. Experten vermuten laut «Foreign Policy» jedoch, dass Nordkorea für eine Frau an der Spitze noch nicht bereit ist.
«Der ideale Führer muss ein Mann sein, denn Nordkorea ist eine sehr chauvinistische Gesellschaft, daher impliziert es, dass es schwierig sein wird, auch wenn der wahrscheinliche Kandidat die Schwester ist. Deshalb sage ich, dass sie die wirkliche Macht hinter dem Regime oder dem Land in der Übergangszeit sein wird, bis sie ein passenderes Gesicht finden, das höchstwahrscheinlich Kim Jong Chol ist, der versteckte Bruder von Kim Jong Un», sagte Go. Biografen vermuten, dass Jong Chol wie auch sein Bruder in Bern zur Schule ging.
Wann gibt es Informationen zu Jong Uns Gesundheitszustand?
Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un, der auf etwa 36 Jahre geschätzt wird, ist in keiner guten Form. Der Raucher ist stark übergewichtig – sein Body Mass Index liegt bei etwa 45, damit wäre er fettleibig. Übergewicht spielt bei vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle und führt nach bisherigen Erkenntnissen auch bei einer Infektion mit dem Coronavirus zu einer höheren Sterblichkeit
Nach Angaben der nordkoreanischen Regierung gibt es in dem abgeschotteten Land noch keine Infektionen mit dem Coronavirus. An dieser Darstellung haben Experten jedoch Zweifel. Wegen des schwachen Gesundheitssystems gilt Nordkorea als besonders anfällig für die Pandemie.
Ob Kim Jong Un davon allerdings betroffen, anderweitig krank, gesund oder bereits tot ist, ist noch nicht bekannt. Und das wird vermutlich auch noch eine ganze Weile so bleiben – bis Pjöngjang offiziell Stellung nimmt.