Europa ist eine Frau! Das EU-Parlament hat Ursula von der Leyen (60) am Dienstagabend mit 383 Stimmen zur ersten EU-Kommissionschefin gewählt. (Blick berichtete) Eine knappe Sache: Nötig für die absolute Mehrheit waren 374 Stimmen der aktuell 747 Abgeordneten.
Bis zuletzt musste die deutsche Verteidigungsministerin zittern. Nach der Wahl zeigte sich die frisch gewählte EU-Chefin darum sichtbar erleichtert, und da glitzerte auch ein Tränchen in ihren glücklichen Augen. Kurz, aber emotional bedankte sich von der Leyen bei den Abgeordneten: «Das Vertrauen in mich ist das Vertrauen in Europa.»
Mit ihrer Rede überzeugte sie die Abgeordneten
Bis zuletzt musste sie um dieses Vertrauen werben. Zu Wochenbeginn stand nur ihre eigene Fraktion, die konservative EVP, unter dem geschassten Spitzenkandidaten Manfred Weber (47) hinter ihr. Von der Leyen setzte alles auf eine Karte: Als Bekenntnis für Europa kündigte sie an, nach der Wahl auf jeden Fall von ihrem Ministerposten in der deutschen Bundesregierung zurückzutreten – unabhängig vom Ergebnis.
Mit einer kämpferischen Rede riss sie dann am Dienstagmorgen das Ruder rum. Von der Leyen fuhr alles auf, um die skeptischen Liberalen, die gespaltenen Sozialdemokraten und die ablehnenden Grünen von sich zu überzeugen: Sie versprach mehr Rechtsstaat, mehr Europa und mehr Klimaschutz. Fliessend wechselte sie zwischen Deutsch, Englisch und Französisch. Und präsentierte ein ganzes Feuerwerk an Vorschlägen. Gleich in ihren ersten 100 Tagen im Amt will sie einen EU-Klimavertrag, bis 2050 soll die Staaten- und Wertegemeinschaft klimaneutral sein.
Was bedeutet von der Leyen für die Schweiz?
Brexit, Seenotrettung, Gewalt an Frauen: Von der Leyen sprach alles an. Mit der siebenfachen Mutter beerbt eine erfahrene Politikerin den scheidenden Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker (64). Am 1. November tritt sie ihren neuen Posten an. Der EU-Rahmenvertrag läuft künftig auch über ihren Tisch. Was das für die Schweiz bedeutet, ist noch unklar. Fest steht: Eine Nicht-Wahl von der Leyens hätte Stillstand in den festgefahrenen Verhandlungen bedeutet.