Die Geteilten Staaten von Amerika
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BLICKpunkt über das US-Chaos:Die Geteilten Staaten von Amerika

BlickPunkt über eine zerrissene Grossmacht
Die Geteilten Staaten von Amerika

Jahrhunderte des Rassismus, 40 Millionen Arbeitslose, mehr Corona-Tote als irgendwo sonst – und ein Präsident, der alles noch schlimmer macht: Die USA versinken im Chaos. Das muss auch uns Sorgen machen, denn die Schweiz braucht ein starkes Amerika.
Publiziert: 05.06.2020 um 22:35 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2020 um 07:24 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe.
Foto: Shane Wilkinson
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Gerade noch waren sie die letzte verbliebene Grossmacht. Heute sind die Vereinigten Staaten die Geteilten Staaten von Amerika.

Ein letzter Markstein auf diesem Weg waren die Präsidentschaftswahlen 2016, als Donald Trump 46,09 Prozent der Stimmen holte, Hillary Clinton 48,18 – und trotzdem verlor: knapper, zufälliger und seltsamer kann eine demokratische Wahl kaum ausgehen.

BLICK-Korrespondent Nicola Imfeld schreibt: «In Minneapolis kam es mir zeitweise vor wie in einem Kriegsgebiet. Zahlreiche Gebäude in Flammen, die Luft dünn wegen des schwarzen Rauchs, der seit Stunden über der Stadt hängt.»

Ausgerechnet in dieser schlimmen Lage nutzt der US-Präsident sein Amt nicht, um das Land zu einen. Stattdessen lässt er kaum etwas unversucht, es immer tiefer zu spalten.

Noch im Januar konnte Trump atemberaubende Wirtschaftsdaten verkünden: rekordtiefe Arbeitslosigkeit, rekordhohe Börsenstände und ein stabiler Dollarkurs versprachen, alle Brüche zu übertünchen und seine Wiederwahl zu sichern.

Heute haben 40 Millionen Amerikaner keinen Job mehr, 108’000 – mehr als in jeder anderen Nation – fielen Covid-19 zum Opfer, 140 Städte erleben Demonstrationen und Ausschreitungen, die an die bürgerkriegsähnlichen Zustände nach der Ermordung von Martin Luther King (1929–1968) erinnern.

Auslöser war das schockierende Video aus Minneapolis: Ein weisser Polizist kniet auf dem Nacken des schwarzen George Floyd, man hört seine Worte «Ich bekomme keine Luft», sieht ihn sterben.

Die Tat liess jahrhundertealte Wunden wieder aufbrechen – in einer Zeit grösster Verunsicherung und Zerrissenheit, in der zahllose Menschen den wirtschaftlichen Abgrund vor Augen haben. Doch statt eines Präsidenten, der die Nation im Angesicht der Bedrohung eint und ihnen Mut macht, erleben die Bürger einen Choleriker, der ihnen den Einsatz der Armee in ihren Städten ankündigt: Noch hemmungsloser, noch bedrohlicher kann man einen Konflikt kaum anheizen.

Die USA im Jahr 2020 zeigen sich als taumelnde Grossmacht. Sie stehen im Begriff, jeden Kredit in der Welt zu verspielen.

Uns Schweizern, uns Westeuropäern sollte das grosse Sorge machen.

Bei allen Differenzen, bei aller Kritik, nicht zuletzt an militärischen Verbrechen vom Vietnam- bis zum Irak-Krieg: Was uns verbindet, ist bei weitem mehr als, was uns trennt.

Die USA, gegründet am 4. Juli 1776, sind die älteste und stärkste Demokratie der Welt! Immer wieder kämpften sie gegen Unterdrückung und Diktatur. Sie brachten auch Europa die Freiheit, als sie den Nationalsozialismus niederrangen und dafür sorgten, dass der Kapitalismus über den Kommunismus siegte.

Auch der Blick in die Geschichte gibt uns Hoffnung: Die USA zogen sich bisher stets selber aus dem Sumpf. Und wie in der Schweiz schlägt auch dort das politische Pendel nach jedem Ausschlag zurück. Auf den neoliberalen Ronald Reagan und seinen Adlaten Bush Senior folgte Bill Clinton, auf den Kriegsfalken George W. Bush der Friedensfreund Barack Obama.

Wer auch immer in der Welt nach einer Hauptrolle strebt, sei es China, Russland, Saudi-Arabien: Niemand war, ist und bleibt uns so nah wie die USA!

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