Der Bundesrat kann uns vertrauen– warum tut er es nicht?
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Lockerung der Notmassnahmen:Der Bundesrat kann uns vertrauen– warum tut er es nicht?

BlickPunkt über die Notmassnahmen
Der Bundesrat kann uns vertrauen – warum tut er es nicht?

So zügig, vernünftig und umsichtig der Bundesrat Notmassnahmen in Kraft setzte, so zögerlich ist sein Weg zurück in die Normalität. Er dürfte den Schweizerinnen und Schweizern ruhig mehr zutrauen!
Publiziert: 18.04.2020 um 00:54 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe.
Foto: Shane Wilkinson
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Im März erreichten uns schockierende Aufnahmen aus Italien und Spanien. Spitäler brachen unter der Last von Covid-Kranken zusammen, die Opfer starben reihenweise in Turnhallen.

Die Corona-Pandemie verbreitete sich in exponentiellem Tempo, erfasste mehr Menschen und führte zu mehr Toten als erwartet.

In dieser Angst einflössenden Phase handelte der Bundesrat rasch, klug und vorausschauend. Er brachte das öffentliche Leben zum Stillstand und entzog so dem Virus die Basis für eine explosionsartige Verbreitung. Er rüstete das Gesundheitssystem auf. Er sicherte innert Tagen zinsfreie Kredite für Firmen in Not.

Zugleich verzichtete die Landesregierung auf eine Ausgangssperre. Denn sie vertraute darauf, dass die Bürger vernünftig handeln würden, dass die Schweizerinnen und Schweizer sich auch ohne Zwang an Empfehlungen zu Hygiene und Daheimbleiben halten.

Und genau so kam es: Die grosse Welle von Corona-Erkrankungen blieb aus, ebenso eine Überlastung der Spitäler. Zum Glück!

So überzeugend der Bundesrat vor wenigen Wochen das Richtige tat, so wenig überzeugend allerdings wirkt jetzt der von ihm verordnete Weg zurück in die Normalität.

Warum dauert das so lange? Das Schlimmste ist vorbei. Warum wird die Aufhebung der Notmassnahmen dann nicht beschleunigt? Die Menschen haben bewiesen, dass sie Abstände einhalten, Hände waschen, Gruppen meiden und auf Reisen verzichten können – warum traut man ihnen nicht weiterhin vorsichtiges Verhalten zu? Die Unternehmer haben gezeigt, dass sie ihre Geschäfte blitzschnell den Vorschriften anpassen können – weshalb also lässt man sie nicht machen?

Was ist das für ein Fahrplan? Das Gartencenter darf öffnen, der Kleiderladen nicht. Coop und Migros wird erlaubt, wieder Büromaterial und Schuhe zu verkaufen, die Papeterie und der Schuhladen aber müssen geschlossen bleiben. Warum?

Wo bleibt da die Logik? Wieso darf das Tattoo-Studio, in dem kein Mensch zwei Meter Abstand halten kann, am 27. April öffnen? Das Möbelgeschäft aber, wo man häufig ein halbes Stockwerk für sich allein hat, erst am 11. Mai? Und wieso müssen Restaurants, die den Mindestabstand zwischen den Gästen garantieren können, bis zum 8. Juni warten?

Wieso bleiben die Schulen zu? Kinder, Eltern und Lehrpersonal müssen weitere drei Wochen bis Unterrichtsbeginn warten – wo doch Schulschliessungen ohnehin umstritten sind.

Muss das wirklich so viel kosten? Der wöchentliche Schaden des Lockdowns soll vier bis fünf Milliarden kosten. Etwas früher oder später öffnen hat deshalb gewaltige Auswirkungen.

Jeder versteht, dass bei akuter Gefahr drastische Einschränkungen notwendig sind. Klar ist auch, dass erneut Massnahmen ergriffen werden müssen, falls es zu einer zweite Corona-Welle kommt. Die meisten akzeptieren sogar, dass Open Airs, Fussballspiele und andere Massenveranstaltungen vorerst nicht mehr stattfinden können.

Aber warum dort, wo die Abstände mühelos eingehalten und die Hygienevorschriften locker befolgt werden können, die Normalität nicht schnellstmöglich wieder hergestellt wird – das ist schwer verständlich!

Die Schweizerinnen und Schweizer haben bewiesen, dass sie sich in der Krise mehr als verantwortungsbewusst verhalten. Jetzt muss der Bundesrat seinen Teil zur Beendigung der Corona-Krise beitragen – und uns auf dem Weg zurück in die Normalität Vertrauen entgegenbringen!

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