Schon an Tag eins der Klima-Demonstration sagte Chefredaktor Andreas Dietrich (56) im BLICK, was gesagt werden musste. Unter dem Titel «Die Arroganz der besseren Menschen» urteilte er über die Klima-Aktivisten: «Sie meinen, sich über das Gesetz erheben zu können, weil ihr Anliegen so erhaben ist. Doch wenn jeder Zweck jedes Mittel heiligt, ist es vorbei mit Recht und Ordnung.»
An Tag sechs nach der Besetzung des Bundesplatzes steht fest: Bei dieser Aktion gab es nur Verlierer.
Die Berner Stadtbehörden liessen sich auf der Nase herumtanzen. Damit die Volksvertreter ungestört tagen können, sind Demonstrationen auf dem Bundesplatz während der Session verboten. Wird der Platz in der Nacht auf Montag besetzt, muss ihn die Bundesstadt am Montagmorgen geräumt haben. Doch die Stadtregierung wartete zwei Tage lang. Der grüne Stadtpräsident Alec von Graffenried (58) zeigte sich sogar von der Aktion «beeindruckt». Solche Schwärmereien klingen gerade zu peinlich: Wie würde er reagieren, wenn seine politischen Gegner während der Session auf dem Bundesplatz gegen die Zuwanderung oder für Atomkraftwerke demonstrieren?
Diverse Nationalräte aber, die ihre Contenance verloren, wirkten noch peinlicher als der Stapi: Roland Rino Büchel (54, SVP) beschimpfte die Demonstranten als «Arschlöcher», die «abfahren» sollten. Andreas Glarner (57, SVP) nannte Ratskollegin Arslan «Frau Arschlan» (und entschuldigte sich später, das sei ein Versprecher gewesen). Jacqueline Badran (58, SP) rastete gegenüber SRF-Journalisten geradezu aus: Sie würden über «dä huere fucking Glarner» berichten, statt darüber, dass «de huere Planet zerstört werde». Sind das die würdigen Volksvertreter, die das Gesetz vor Demonstranten schützen will?
Die Klima-Aktivisten selbst jedoch sind die grössten Verlierer dieser Woche. Sie waren zwar tagelang in den Schlagzeilen – aber wird das Klima dadurch gerettet, dass sie überdrehen?
Dank den Aktionen der Klima-Jugend im vergangenen Jahr ist heute allen klar, dass wir unser Verhalten ändern müssen: Mit Erdwärme statt Öl heizen. Elektrisch fahren statt mit Benzin. Mehr Gemüse essen und weniger Fleisch. Auf Flugreisen so oft es geht verzichten ... In diesem Sinn hat das Parlament gerade ein strengeres CO2-Gesetz beschlossen und der Bundesrat versprochen, die Schweiz bis 2050 klimaneutral zu machen.
In unserer Demokratie erreicht am meisten, wer Kompromisse schmiedet, wer Mehrheiten organisiert, wer einen Schritt nach dem anderen macht. Die Klima-Bewegung indessen dreht gerade ins Gegenteil: Sie radikalisiert sich, sie stellt unrealistische Forderungen auf, sie schürt Angst. Und sie bekennt sich dazu, den Umsturz unseres Systems anzustreben.
Der Applaus, den sie damit erntet, kommt einzig und allein aus ihrer Szene und der selbstgemachten Meinungs-Bubble.
Dem Klima hilft sie damit nicht.