Am Wahlsonntag erlebte die SVP ihr grösstes Fiasko seit der Abwahl Christoph Blochers aus dem Bundesrat 2007: Nur 38 Prozent stimmten der Begrenzungs-Initiative zu – und das bei ihrem Kernthema, der Zuwanderung!
Dabei hätte sich die Volkspartei eine solche Niederlage leicht ersparen können, wenn sie bloss aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hätte: Bereits nach dem 52,3-Prozent-Erfolg ihrer Ausschaffungs-Initiative glaubte sie, nun noch viel weitergehende Forderungen stellen zu können – und scheiterte kläglich mit der Durchsetzungs-Initiative (41,1 Prozent).
Bereits damals wäre absehbar gewesen, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zwar für manches Anliegen der SVP offen sind, Zwängerei jedoch keineswegs goutieren.
Ähnlich die Ausgangslage am Sonntag: Zwar hatte das Stimmvolk die Masseneinwanderungs-Initiative 2014 überraschend angenommen. Das Resultat (50,3 Prozent) war aber hauchdünn. Jedem, der Sinn fürs Machbare hat, hätte klar sein müssen, dass für ein noch viel drastischeres Anliegen unmöglich Mehrheiten zu holen sind.
Zu diesem politischen Fehler gesellte sich Pech für die SVP: Die Zuwanderung ging zurück. In Zeiten von Corona haben die Menschen ohnehin andere Sorgen. Und mitten in der Krise wohl auch keine Lust auf Experimente mit unserem wichtigsten Handelspartner, der Europäischen Union.
Irgendwie typisch schweizerisch: Wer zu viel will, bekommt eins aufs Dach.
Diese Lehre sollten allerdings auch die Befürworter eines EU-Rahmenvertrags ziehen – und jetzt nicht in Euphorie verfallen: Wer das Nein zur Begrenzungs-Initiative für ein Ja zum Rahmenabkommen hält, begeht denselben Denkfehler wie die SVP.
Das Ringen um unser Verhältnis zu Europa beginnt von vorne.
Alle Ergebnisse der Eidgenössischen Abstimmungen vom 27. September gibt es hier.