Kommentar zu Gratis-Operationen im Kanton Zug
Das wird die Wohnflucht des Mittelstands nicht stoppen

Zug hat zu viel Geld und will deshalb 99 Prozent der Spitalkosten übernehmen. Die vermeintliche Erfolgsmeldung zeigt, dass das Tiefsteuer-Modell des Kantons an seine Grenzen stösst. Zug ist auf dem Weg zur «Gated Community», meint Wirtschaftsredaktor Thomas Schlittler.
Publiziert: 14.07.2024 um 10:30 Uhr
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Der Kanton Zug hat zu viel Geld und will deshalb 99 Prozent der Spitalkosten übernehmen.
Foto: Thomas Meier
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Der Tessiner Sergio Ermotti (64), der Freiburger Daniel Vasella (70) und der Berner Thomas Jordan (61) können beruhigt sein: Sollten sie demnächst gesundheitliche Probleme haben, übernimmt ihr Wohnsitzkanton Zug 99 Prozent der Spitalkosten.

Im besten Fall bleiben der UBS-CEO, Ex-Novartis-Chef und Nationalbank-Präsident natürlich gesund. Dann können sie unbeschwert das Leben geniessen – und bezahlen 18 Prozent tiefere Krankenkassenprämien. Pro Kopf und Jahr beträgt die Ersparnis rund 700 Franken.

Das Beispiel ist polemisch. Zuger Normalverdienern dürfte das Geschenk der Kantonsregierung willkommen sein. Das Problem ist nur: Im Tiefsteuerkanton gibt es immer weniger Normalverdiener, die von der übervollen Staatsschatulle profitieren können.

Zug ist auf dem Weg zur «Gated Community», zur abgeschirmten Wohnzone für Reiche. «Sorry, only English», ist dabei das geringste Übel. Viel schwerer wiegt die Tatsache, dass sich junge Familien, die seit Generationen hier zu Hause sind, keine (neue) Wohnung leisten können.

Dieses Phänomen gibt es auch in vielen Städten. In Zug ist aber der ganze Kanton betroffen. Aktuell finden sich auf der Plattform Homegate für den 132'000-Einwohner-Kanton gerade einmal zwölf 4,5-Zimmer-Wohnungen. Durchschnittsmiete: 5049 Franken.

Die Folge: Flucht über die Kantonsgrenzen. Zu Hunderten. Daran werden auch Gratisoperationen nichts ändern.

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