Feiernde singen ausländerfeindliche Parolen
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Skandal-Party auf Sylt:Feiernde singen ausländerfeindliche Parolen

Kommentar zum Nazi-Skandal auf Sylt
Die Empörung zeugt von Naivität

Rassistische Gesänge von reichen Partygästen entsetzen Deutschland. Die Aufregung basiert auf einem Irrtum.
Publiziert: 25.05.2024 um 17:15 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2024 um 13:55 Uhr
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Ein Mann zeigt den Hitlergruss, während er mit zwei Fingern den Oberlippenbart von Adolf Hitler andeutet.
Foto: Screenshot
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Eine Handyaufnahme bringt Deutschland aus der Fassung. Auf einer Nobelparty auf der Insel Sylt grölen Münchner Rich Kids Nazi-Parolen und filmen sich dabei selbst. Das Video geht viral, die Kids verlieren ihre Jobs, der Staatsschutz ermittelt und Bundeskanzler Olaf Scholz redet der Nation ins Gewissen: «Solche Parolen sind eklig, sie sind nicht akzeptabel.»

Der Aufschrei ist verständlich. Die Nonchalance, mit der die junge Schickeria ihre Menschenverachtung zelebriert, ist erschreckend. Rassismus als Partykracher.

Nicht der erste Fall

Die Empörung darüber zeugt aber auch von Naivität. Es sind weniger die Parolen selbst, die das Land in Aufregung versetzen, sondern die Klientel, die sie grölt: gut gebildete, erfolgreiche Westdeutsche. 

Seit Monaten gibt es Vorfälle in Deutschland, wo junge Menschen auf Feiern exakt die gleichen Parolen zur gleichen Melodie singen: auf Dorffesten, beim Karneval, in Discos in der Provinz. 

Warum blieb die landesweite Empörung zum Beispiel aus, als just vor einer Woche ein Video die Runde machte von einer Gruppe, die die Parolen auf einer Party in Sachsen grölte?

Die «Prosecco-Nazis»

Der Grund ist, dass viele noch immer einem Irrtum aufsitzen: Rechtsextremismus wird reflexartig mit der Unterschicht in Verbindung gebracht, mit vermeintlich Abgehängten in Ostdeutschland, mit Stiernacken im Bierzelt und Glatzen im Plattenbau.

Die «Prosecco-Nazis» auf Sylt führen uns vor Augen, dass der Rassismus ein gesamtgesellschaftliches Problem ist – er hat sich längst in der Mitte der Gesellschaft eingenistet.

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