Über 1,3 Millionen Tierarten sind uns heute bekannt. Wie viele es wirklich gibt auf der ganzen Welt, weiss heute niemand so genau – es könnten 10 bis 20 Millionen sein. Wissenschaftlich geführte Zoos halten weltweit rund 20’000 Tierarten. Und der Zoo Zürich hält fast 370 Arten.
Wir müssen also eine Auswahl treffen und uns überlegen, welche Tierarten wir im Zoo halten wollen. Drei wichtige Aspekte dabei sind der Artenschutz (bedrohte Tierarten retten), die Forschung (Tiere besser verstehen) und die Bildung (Menschen bewusst machen, wie bedroht viele Tiere und Lebensräume sind).
Ein weiterer und etwas komplizierterer Aspekt ist die regionale Tierbestandsplanung des europäischen Zoodachverbands EAZA. Sie heisst «Regional Collection Plan», kurz RCP. Wobei «regional» hier ein etwas irreführender Begriff ist. Denn «regional» bedeutet in diesem Fall: Tierbestandsplanung für Zoos in Europa, Vorderasien und sogar auch noch in Singapur.
Die Idee hinter dieser «regionalen» Tierbestandsplanung ist so einfach wie genial: Der RCP löst das Problem, dass es in Zoos nur beschränkt Platz hat. Alle 1,3 Millionen heute bekannten Tierarten können wir nicht retten in Zoos. Das geht nur, wenn draussen die Natur erhalten wird. Aber die rund 20’000 Tierarten, die wir in Zoos halten, diese können wir retten.
Dafür braucht es allerdings gesunde Bestände – Tiergruppen – von jeder Art. Und dafür wiederum braucht es genügend Tiere. Denn wenn es zu wenig Tiere pro Art sind, dann sind diese bald alle miteinander verwandt, und die Gefahr von Inzucht steigt.
Genügend Tiere wiederum brauchen entsprechend Platz. Und dieser Platz ist begrenzt durch die Anzahl Zoos, die eine bestimmte Art halten. Es gibt zum Beispiel rund 350 Papageienarten (und auch fast so viele EAZA-Mitgliederzoos). Für eine langfristig gesunde Gruppe einer einzelnen Art braucht es bis zu 500 Tiere. Wenn man bei 350 Arten je 500 Papageien braucht, merkt man schnell, dass das sehr viele Tiere sind. Deshalb muss man sich in den RCPs auf bestimmte Arten einschränken.
Die Bestandsplanung erfolgt für jede Tierordnung einzeln. Bleiben wir bei unserem Beispiel: Papageien-Spezialistinnen und -Spezialisten aus Zoos und dem ursprünglichen Lebensraum setzen sich zusammen und betrachten jede Papageienart. Dabei bewerten sie viele verschiedene Faktoren. Zum Beispiel: Ist die Art bedroht und braucht sie unseren Schutz? Gibt es weitere gute Gründe, diese Art zu halten, z.B. für die Forschung oder die Bildung? Gibt es überhaupt genügend Papageien dieser Art in Europa, die nicht miteinander verwandt sind, aus denen man eine gesunde Gruppe aufbauen kann? Und was machen die anderen «westlichen» Zoos in Nordamerika, Ozeanien und Japan? Auch hier versucht man, sich abzustimmen, damit z.B. die Kolleginnen und Kollegen aus nordamerikanischen Zoos nicht die gleichen Arten schützen wie wir, sondern möglichst andere. So können wir die Anzahl der weltweit geschützten Arten weiter erhöhen.
Bei den Papageienvögeln führt der RCP nun zum Beispiel dazu, dass sich die Zoos künftig auf 22 von über 350 Papageienarten konzentrieren. Dafür aber richtig – mit grossen, gesunden Populationen für die Zukunft.