Zoologisch – Direktor Severin Dressen erklärt
Kunst am Baum

Severin Dressen (33) ist Direktor des Zoos Zürich und kennt die wilden Geheimnisse seiner Bewohner.
Publiziert: 30.03.2022 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2022 um 12:32 Uhr
Kunstfels-Baobab in der Lewa-Savanne.
Foto: Marco Schaffner
Severin Dressen

«Wie haben Sie denn diesen Riesen-Affenbrotbaum hier in den Zoo gebracht?» Diese Frage höre ich oft, wenn ich mit Gästen durch unsere Lewa-Savanne gehe. Gemeint sind die grossen Baobabs oder eben Affenbrotbäume, die in der Savanne stehen. Die Antwort ist für die meisten überraschend: Unsere Baobabs sind gar nicht echt.

Alles andere wäre auch schwierig. Zum einen würden echte Baobabs unser Klima in Zürich gar nicht aushalten. Zum anderen sind Bäume in einer solchen Grösse bis zu 800 Jahre alt. Da hätten wir uns also schon vor sehr, sehr langer Zeit Gedanken machen müssen, solche noch kleinen Bäume nach Zürich zu bringen und hier wachsen zu lassen ...

Unsere Baobabs bestehen stattdessen aus Metall, Spritzbeton und Farbe – und sind richtige Kunstwerke. Die Kunstfelsenbauer bringen auf ein Gerippe aus Metallstangen – meist auf ein Netz – den Spritzbeton auf und formen ihn. Anschliessend gestalten sie ihn farblich so, dass er wie echt aussieht. Sogar Pflanzenbestimmungsapps auf Smartphones überlistet unser künstlicher Baobab.

Neben den Kunstfelsbäumen hat es im Zoo noch verschiedene weitere Baumtypen. Da sind zum einen die echten, lebenden Bäume, sowohl heimische als auch tropische. Lebende Bäume sind extrem wichtig für die Gestaltung unserer Lebensräume, als Schattenspender, Klettermöglichkeit und Nahrungsquelle. Viele unserer Tiere klettern in ihren Aussenanlagen besonders gern auf lebende Bäume – z.B. die Roten Pandas, Totenkopfäffchen und auch die Koalas. In den Innenanlagen – besonders eindrücklich im Masoala-Regenwald – schaffen lebende Bäume eine überzeugende Nachbildung eines fernen Lebensraums. Hier kann man sehen, wie die Roten Varis von Baumkrone zu Baumkrone springen. Hunderte verschiedener Baumarten im ganzen Zoo schaffen so eine Vielfalt unterschiedlicher Baum-, Blatt- und Wuchsformen.

Ein weiterer wichtiger Baumtyp sind die Totholzbäume. Das sind echte, aber gefällte Bäume, die wir bei uns in den Anlagen zur Gestaltung und Tierbeschäftigung nutzen. Meistens in den Bereichen, wo lebende Bäume durch die Tiere zu stark genutzt und deshalb eher früher als später absterben würden. Bestes Beispiel sind unsere Elefanten im Kaeng-Krachan-Elefantenpark oder auch die Brillenbären. Beide haben ganze Wälder an toten Bäumen in ihren Anlagen, die sie gern zum Klettern nutzen (Bären) oder um sich daran zu reiben (Elefanten). Aber auch viele andere Tiere wie etwa die Orang-Utans oder die Gorillas nutzen gern Totholzbäume.

Besonders gern nutzen wir als Totholz Eichen. Deren Holz ist besonders hart und hält deshalb Wetter und Tieren besonders gut stand. Ausserdem sind gerade alte Eichen häufig knorrig gewachsen, bieten damit gute Klettermöglichkeiten und passen sich in die Landschaft ein.

Rein künstliche Pflanzen – wenn man die Kunstfels-Baobabs mal aussen vor lässt – hat es nur wenige im Zoo. Wir sind nämlich stolz darauf, wo immer möglich mit echten, am besten lebenden Pflanzen zu arbeiten. Ein Beispiel für eine Kunstpflanze verrate ich Ihnen aber: Die Lobelien auf unserer Dschelada-Anlage sind – leider – aus Plastik. Echte Pflanzen würden durch die pflanzenfressenden Dscheladas innert kürzester Zeit zu Tode gerupft.

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