Zoodirektor Severin Dressen über neues Naturschutzgebiet
Gräser pflanzen für Pinguine

Pinguine mögen es nicht nur kalt, sondern auch grün. Deswegen pflanzte der Zoo Zürich auf den Falklandinseln über 150'000 Setzlinge. Zoodirektor Severin Dressen erklärt, wie das Naturschutzprojekt aussieht.
Publiziert: 11.08.2024 um 20:11 Uhr
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Aktualisiert: 11.08.2024 um 20:13 Uhr
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Königspinguine leben in der Antarktis und in der Subantarktis.
Foto: ART
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Severin DressenDirektor des Zoo Zürich

Der Sommer ist da – endlich, könnte man meinen. Regelmässig klettert das Thermometer auf rund 30 Grad. Bei solchen Temperaturen ist neben dem Sprung in den See oder Fluss der Gang in gekühlte Räume besonders verlockend. Eine Tierart, die im Zoo Zürich von Frühling bis Herbst eine gekühlte Anlage zur Verfügung hat, sind die Königspinguine.

Denn die Heimat der wild lebenden Königspinguine liegt rund um den Südpol auf den subantarktischen Inseln. Eine Gruppe davon, die südatlantischen Falklandinseln, gehört zum Vereinigten Königreich und verzeichnet heute ein Wetter, das durchaus als britischer Sommer durchgehen würde: bedeckt, leichter Regen möglich, drei Grad Celsius. Für uns ein Graus, aber ideal für die Pinguine.

Unter anderem auf diesen Falklandinseln unterstützt der Zoo Zürich seit 2006 die Arbeit des Antarctic Research Trust (ART). ART ist eine Forschungsorganisation, die ihren schweizerischen Sitz bei uns im Zoo hat. ART erforscht an unterschiedlichen Stellen auf der Südhalbkugel die Lebensgewohnheiten, insbesondere auch das Wanderverhalten von Pinguinen, Albatrossen und anderen Meeresvögeln, um sie so besser schützen zu können. Auch der Lebensraumschutz gehört zu den Aufgaben und hat auf den Falklandinseln eine neue Dimension erreicht.

So konnten 2016 fünf kleine Inseln erworben und als absolutes Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. Auf einer von ihnen, Hummock Island, gelingt seit einigen Jahren etwas Erstaunliches. Trotz harschen Klimas und widriger Bedingungen wird die Insel Schritt für Schritt renaturiert.

Bis 1981 weideten von Menschen eingeführte Schafe und Pferde auf Hummock Island und sorgten dafür, dass grosse Teile der Insel kahl gefressen waren und die Erosion den torfhaltigen Boden ins Meer spülte.

Mit fatalen Folgen in doppelter Hinsicht: Zum einen wurde die Pflanzenwelt auf der Insel zerstört und bot Meeresvögeln keine Nistplätze mehr. Zum anderen schadete der ins Meer geschwemmte Torf der marinen Biodiversität, da der Sauerstoffgehalt im Wasser dadurch reduziert wird und im Torf enthaltene organische Schadstoffe freigesetzt werden können.

Seit 2019 wird Hummock, auch mit Unterstützung aus dem Zoo Zürich, durch die Anpflanzung von Tussockgräsern wieder renaturiert. Tussock bildet grosse Grasbüschel und hält so nicht nur die Erosion auf, sondern bindet auch grosse Mengen CO₂.

Die Zahlen sind eindrücklich – in den letzten fünf Jahren wurden über 150'000 Setzlinge gepflanzt. Die Zonen auf der Insel, wo die Pflanzungen durchgeführt werden, tragen illustre Namen wie Mordor oder Windy Valley South, die einmal mehr verdeutlichen, wie rau das Klima in dieser Erdregion ist.

Und trotzdem: Durch die Pflanzungen wurden schon über 90 Prozent der erodierten Fläche renaturiert. Die gesetzten Gräser wachsen so gut, dass von ihnen schon wieder Setzlinge gewonnen werden, und seit letztem Jahr wurden auch Testpflanzungen mit anderen Gräsern gestartet, um die Pflanzenvielfalt zu erhöhen.

Ein Erfolgsprojekt, das nur durch den grossen Einsatz vieler Menschen vor Ort möglich gemacht wurde. Denn Tussockgräser auf Hummock Island im Südatlantik zu pflanzen, ist auch bei wenig sommerlichen Temperaturen eine schweisstreibende Angelegenheit.

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