Zoodirektor Severin Dressen über die Zusammenarbeit von Zoos
«Progressive Zoos retten gemeinsam Arten»

1000 Zoo-Mitarbeitende aus über 50 Ländern diskutierten an der Jahreskonferenz ihres Dachverbands in Leipzig über Naturschutz und Zuchtprogramme.
Publiziert: 23.10.2024 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2024 um 09:48 Uhr
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Severin Dressen ist Direktor des Zoos Zürich und schreibt für Blick eine 14-tägliche Kolumne.
Foto: Thomas Meier

Auf einen Blick

  • EAZA-Konferenz in Leipzig mit globaler Vernetzung
  • Teilnehmer aus über 50 Ländern, darunter Schweizer Zoos
  • Deutsche Bahn stellte Reisegruppe vor Herausforderungen
  • Rund 500 Zuchtprogramme (EEPs) in Mitgliederzoos
  • Nächste Konferenz in Lodz (Polen) ohne Deutsche Bahn
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Severin DressenDirektor des Zoo Zürich

Letzte Woche war es wieder so weit: Der Europäische Dachverband EAZA lud zur Jahreskonferenz in den deutschen Zoo Leipzig. Die EAZA, mit ihren inzwischen über 400 Mitgliedern, ist ungefähr so europäisch wie die Uefa. Zwar liegt der Schwerpunkt weiterhin in Europa, aber Mitglieder aus Israel, Singapur oder Taiwan zeigen die globale Vernetzung.

1000 Menschen aus über 50 Ländern trafen sich in diesem Jahr – ein Rekord. Auch die Schweizer EAZA-Zoos waren vertreten – mit Mitarbeitenden aus Bern, Basel, dem Wildpark Langenberg, Natur- und Tierpark Goldau, Papiliorama, Aquatis Lausanne, Walter Zoo und dem Zoo Zürich.

Die erste Herausforderung bestand für unser Team in der Anreise mit der berühmt-berüchtigten Deutschen Bahn. Da nur eine Direktverbindung das heutzutage fast aussichtslose Unterfangen eines erfolgreichen Zugwechsels an einem deutschen Bahnhof vermeiden konnte und von den drei täglichen Direktverbindungen Zürich–Leipzig zum Buchungszeitpunkt zwei Züge bereits mit dem Vermerk «Dieser Zug fällt leider aus» versehen waren, fiel die Wahl leicht. Mental auf alles gefasst, machte sich die Reisegruppe auf, und einmal mehr zeigte sich, dass die richtige Erwartungshaltung die halbe Miete ist. Wenn man ab Bahnhof Basel SBB einfach keine Erwartungshaltung an Internetabdeckung, Verpflegung oder Pünktlichkeit mehr hat, kann man eine solche Bahnreise erstaunlich gut geniessen.

In Leipzig angekommen, erwarteten uns inspirierende und bereichernde Tage. Nicht nur der Zoo Leipzig selbst – der in den letzten 25 Jahren eine ähnlich grundlegende Erneuerung durchlebt hat wie der Zoo Zürich – ist immer einen Besuch wert. Auch die Konferenz bot hoch spannende Inhalte.

Historisch gesehen erwuchs die EAZA aus der Erkenntnis, dass sich die wissenschaftlichen Zoos nur gemeinsam der Biodiversitätskrise entgegenstellen können. Die inzwischen rund 500 Zuchtprogramme (EEPs), die in den Mitgliederzoos den Aufbau von Reservepopulationen koordinieren, sind eine zentrale Aufgabe der EAZA. Und so dient die Tagung immer auch dem Austausch über die neusten Erkenntnisse in der Tierhaltung und der Weiterentwicklung der Zuchtprogramme.

Doch Zoos sind heute viel mehr als reine Zuchtbetriebe für bedrohte Arten. Auf dem Tagungsprogramm standen daher auch Sessions und Workshops zu Naturschutzprojekten, Forschungsthemen, Bildungsinitiativen oder Kommunikationsstrategien. Neben dem fachlichen Input, den man immer aus einer solchen Konferenz ziehen kann, ist es vor allem der inspirierende und motivierende Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, der begeistert.

Kurzzeitig rücken Seilbahnrekurse, steigende Energiepreise oder bürokratische Hürden in den Hintergrund. «Progressive Zoos retten gemeinsam Arten» ist der Slogan der EAZA und betont die bestärkende Gemeinschaft, in der man verbunden ist. So freuen sich schon jetzt alle auf die Konferenz im kommenden Jahr im polnischen Lodz. Mit der guten Nachricht: Wenn man die Zugverbindung über Österreich und Tschechien nach Polen nimmt, kann man die Deutsche Bahn umgehen.

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