Nein, im Gegenteil. Dieser Junge hat die Intimsphäre Ihrer Tochter eindeutig verletzt, indem er immer wieder ihren Körper berührt und ihren verbalen Protest ignoriert hat, was gleich doppelt übergriffig ist. Die Lehrerin hätte Ihre Tochter darin bestärken sollen, ihr Missbehagen klar zu äussern, und dem Jungen nachdrücklich – und am besten vor der ganzen Klasse – beibringen müssen, dass eine solche Unwohlseins-bekundung ernst zu nehmen sei. Denn all die Männer, die ein Nein einer Frau nicht respektieren, waren einmal Jungs, die das Nein eines Mädchens nicht respektiert haben – weil man sie in ihrem Tun gewähren liess («er meint es ja nicht so»), während man die Mädchen dazu anhielt, lieb und brav und niemals laut zu sein.
Das ist exakt, was die Lehrerin Ihrer Tochter kultiviert: Sie setzt auf Dialog, wo er offensichtlich nichts nützt (Ihre Tochter hat dem Jungen ja gesagt, sie wolle nicht von ihm angefasst werden), und verurteilt als Gewalt, was nichts anderes als eine berechtigte und angemessene Reaktion auf einen körperlichen Übergriff war.
Wir müssen unsere Töchter darin bestärken, Nein zu sagen, wenn sie etwas nicht wollen – und dieses Nein auch sofort durchzusetzen. Und unsere Söhne müssen wir dazu anhalten, das Nein einer Frau zu respektieren. Dialog ist gut und recht, solange beide dazu fähig sind. Wenn einer aber nicht hören will, sondern einfach macht, was er will, muss er fühlen.
Und wie Sie sehen, hat die körperliche Reaktion auf den anhaltenden Übergriff ja auch sofort zu dessen Ende geführt. Das hat nichts mit Gewalt zu tun, sondern mit Selbstachtung. Wir müssen dringend unsere Rollenbilder sowie unsere Erziehungswerte überdenken, denn indem wir Mädchen implizit dazu auffordern, sich alles gefallen zu lassen, legen wir den Grundstein für späteren Missbrauch.