Sie fragen, ETH-Präsident Joël Mesot antwortet
Gibt es Leben ausserhalb der Erde?

Joël Mesot, Martin Vetterli und Michael Hengartner sind so etwas wie die obersten Wissenschaftler der Schweiz. In einer neuen Rubrik stellen sie sich den Fragen der Leserinnen und Leser rund um die Wissenschaft.
Publiziert: 30.04.2022 um 14:00 Uhr
Joël Mesot über die wissenschaftlichen Befunde von Leben ausserhalb der Erde.
Foto: AFP
Joël Mesot

Wieso wird immer wieder behauptet und spekuliert, dass es Leben gibt ausserhalb der Erde? Zuerst sprach man vom Mars, [...], dann heisst es, dass es auf Meteoriten Leben geben müsse [...]; jetzt heisst es, dass es höchstwahrscheinlich auf Exoplaneten Leben gebe, das mit neuen Teleskopen noch in dieser oder in der nächsten Generation gefunden werde. [...] Kann mir jemand einen plausiblen Grund dafür angeben ausser einem finanziellen?
Peter Hengartner

Joël Mesot: Bislang gibt es keine harten Beweise für Leben ausserhalb der Erde. Aber wir haben fundierte Hypothesen, die wir in Experimenten untersuchen können. Und ich bin überzeugt, dass der Moment für diese Art von Erforschungen günstig ist. Deswegen bauen wir derzeit an der ETH Zürich, gemeinsam mit der Universität Cambridge, das interdisziplinäre «Zentrum für den Ursprung und die Verbreitung von Leben» auf, mit Nobelpreisträger Didier Queloz als designiertem Direktor.

Unsere Zuversicht stützt sich auf die Fortschritte, die in den Lebenswissenschaften, den Erdwissenschaften und vor allem in der Exoplanetenforschung erzielt wurden. Es ist kaum mehr als ein Vierteljahrhundert her, als Didier Queloz und sein Doktorvater Michel Major 1995 den allerersten Exoplaneten entdeckten, der einen sonnenähnlichen Stern umläuft. Bis heute hat die Forschung bereits 5000 solcher Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen. Man geht nun davon aus, dass im Wesentlichen um alle sonnenähnlichen Sterne Planeten kreisen. Zudem nimmt man an, dass Exoplaneten «erdähnlich» sind. Sprich, ihre Grösse und Masse sind ähnlich denen von Erde und Venus, woraus man ableiten kann, dass sie hauptsächlich aus Gestein und Metall bestehen. Diese «anderen Erden» könnten auch zu einem besseren Verständnis führen, wie unser Planet unter anderen Bedingungen ausgesehen haben könnte und wie auf unserer Erde Leben entstand.

Wir wissen, dass unter den richtigen Bedingungen Leben relativ schnell entstehen kann. Unser Heimatplanet ist etwas über 4,5 Milliarden Jahre alt, und bereits seit rund vier Milliarden Jahren gibt es Leben. Ausserdem ist irdisches Leben unglaublich robust. So gibt es Organismen, die selbst in den heissen Quellen des Yellowstone-Parks, in den extrem kargen Landschaften wie der Atacama-Wüste oder tief im Ozeanboden, ohne Licht und unter hohem Druck, leben. All dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es auf anderen Planeten Leben gibt.

Aber der Weg zur Gewissheit ist noch weit. Die Forschung wird in weiteren Schritten die Atmosphären von Exoplaneten untersuchen und direkte Bilder machen. Ziel ist es, in den Atmosphären direkte Hinweise auf biologische Aktivität zu finden. Um einen solchen Nachweis zu erbringen, sind wichtige erdgebundene Teleskope und Satellitenmissionen im Aufbau oder in Planung, und an vielen dieser Projekte sind ETH-Forschende beteiligt. Diese Grossvorhaben loten technologische Grenzen aus und verschieben sie.

Bei der Suche nach ausserirdischem Leben liegt die Latte sehr hoch, bis Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von einem belastbaren Nachweis sprechen. Dazu müssen sie Anzeichen eindeutig mit Leben in Verbindung setzen können – und dürfen sich nicht von geochemischen oder photochemischen Reaktionen täuschen lassen, die zu ähnlichen Veränderungen der Atmosphäre führen können. Schliesslich müssen sich Forschende und Medien ihrer Verantwortung bewusst sein in der Kommunikation künftiger Ergebnisse. Bei einer Frage von solch grosser Tragweite – sind wir allein im Universum? – ist die Versuchung besonders gross, nicht genügend zwischen «Science» und «Fiction» zu unterscheiden.

Mit bestem Dank an ETH-Professorin Cara Magnabosco und ETH-Professor Sascha Quanz für ihren wertvollen Input.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?