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Kolumne «Wild im Herzen»
Liebe Fischer, bitte nicht lesen!

Mit Fischen aus Zuchten versucht die Schweiz, den dramatischen Rückgang an Bachforellen zu stoppen. Doch nur die wenigsten überleben in natürlichen Gewässern. Da geht viel Liebesmüh und Geld den Bach runter.
Publiziert: 02.07.2020 um 23:05 Uhr
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Aktualisiert: 27.08.2020 um 21:15 Uhr
Simon Jäggi, Mitarbeiter Naturhistorisches Museum Bern.
Foto: Thomas Buchwalder
Simon Jäggi

In der letzten Kolumne ging es um einen Fake-Fisch, die Lachsforelle. Nun stelle ich das Schweizer Original vor: die Bachforelle. Es handelt sich um einen der elegantesten Fische, die in unseren Gewässern lauern.

Denn häufiger als sich zu bewegen, wartet der wunderschöne gepunktete Raubfisch hinter Steinen, bis ihm die Strömung Insekten oder kleine Fische anspült. Oder einen Köder. Der bis 80 Zentimeter grosse Räuber gehört zu den beliebtesten Beutefischen der hiesigen Fischerinnen und Fischer.

Allerdings zappeln immer weniger Forellen an den Haken, der Bestand ist geradezu eingebrochen. Auf dem 25 Kilometer langen Abschnitt der Aare zwischen Thun und Bern wurden im vorletzten Jahr noch gerade 400 Forellen gefangen.

Die Zahlen tauchen

Warum wird die Bachforelle immer seltener? Dafür spielt wahrscheinlich ein Cocktail von ungünstigen Faktoren eine Rolle. Der Klimawandel und die steigenden Wassertemperaturen haben bestimmt einen grossen Einfluss. Wegen der Erwärmung leiden die kälteliebenden Forellen auch stärker unter einer tückischen Nierenkrankheit.

Kann man den Rückgang noch stoppen? Das Rezept der Kantone und der Fischervereine hiess jahrelang: Fische einsetzen. Die Logik ist nachvollziehbar. Je mehr man oben hineinschüttet, desto mehr kommt unten heraus. Eine Logik, die in natürlichen Gewässern aber offenbar nicht greift. Obwohl Millionen von Fischen eingesetzt wurden, ging der Bestand Jahr für Jahr nach unten.

Freiwilligenarbeit für die Katz

Neue Studien beweisen, dass die eingesetzten Bachforellen nicht überlebensfähig sind. Nach einem Jahr sind 90 Prozent der Jungfische verschwunden – bevor sie überhaupt gefangen werden könnten. Ein Problem ist offenbar, dass Fische aus Zuchten genetisch zu wenig gut angepasst sind und mit den rauen Verhältnissen in der freien Natur nicht klarkommen.

Für viele Fischer ist das eine bittere Erkenntnis. Manche haben beim Besatz jahrzehntelang Freiwilligenarbeit geleistet. Und nun müssen sie sich anhören, dass diese Liebesmüh für die Katz war (oder für den Kormoran). Und auch für die Kantone stellt sich die Frage, ob sich die teuren Besatzmassnahmen lohnen – eine einzelne gefangene Zuchtforelle kostet wahrscheinlich über tausend Franken, wenn man ehrlich kalkuliert. Wäre dieses Geld in der Renaturierung der Gewässer nicht besser eingesetzt?

Simon Jäggi (40) ist Sänger der Rockband Kummerbuben, arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern und hält Hühner. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.

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