Gopfried Stutz
Von Gender, Geld und Glück

Rentnerinnen sind mit ihrer persönlichen finanziellen Situation ebenso häufig zufrieden wie Rentner – und zwar unabhängig von der Haushaltssituation.
Publiziert: 24.06.2023 um 14:47 Uhr
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Aktualisiert: 25.06.2023 um 19:10 Uhr
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Im Schnitt erhalten Frauen im Alter 20'000 Franken weniger Rente pro Jahr, beklagen sich über diese Lücke aber nicht.
Foto: imago images/photothek
Claude Chatelain

Die 2. Säule war schon immer mit so komischen Begriffen wie Koordinationsabzug, Freizügigkeitsleistung oder überobligatorisch durchsetzt. Doch ein Begriff im Zusammenhang mit der beruflichen Vorsorge ist mir erst in jüngster Zeit aufgefallen: Gender Pension Gap.

Vor dem grossen Frauenstreik vor vier Jahren, als auch bürgerliche Frauen auf die Strasse gingen, vermochte sich auf diese Wortschöpfung kaum jemand einen Reim zu machen. Dass die Frauen im Schnitt kleinere Pensionskassenrenten bekamen, war schlicht kein Thema. Viele Frauen hatten gar keine Pensionskasse oder waren verheiratet und bildeten mit dem Mann eine ökonomische Einheit.

Zeiten ändern sich. So ist die Rentendifferenz zwischen Mann und Frau ein Thema geworden. Im Schnitt erhalten Frauen im Alter 20'000 Franken weniger Rente pro Jahr als Männer. Dieser Gender Pension Gap verringerte sich in den letzten Jahren kaum, dürfte aber langfristig abnehmen.

Das ergibt eine Studie von Swiss Life, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Nun ist das aber weder wahnsinnig überraschend, noch ist es besonders aufregend. Politisch brisant ist eher der Befund, dass sich die Frauen über diese Lücke gar nicht beklagen – Politikerinnen und Politiker womöglich ausgenommen. «So sind Rentnerinnen mit ihrer persönlichen finanziellen Situation ebenso häufig zufrieden wie Rentner – und zwar unabhängig von der Haushaltssituation», steht in der Swiss-Life-Studie. Rentnerinnen fühlten sich auch ähnlich häufig finanziell selbstbestimmt wie Rentner.

Manche werden überbeissen, wenn sie das lesen. Und sie werden das Resultat schlicht abstreiten. Die Soziologin Katja Rost und die Ökonomin Margit Osterloh können ein Lied davon singen. Die beiden Professorinnen der Universität Zürich wurden aufs Übelste beschimpft, weil sie in einer Studie zum Schluss kamen, dass für viele Studentinnen die Karriere nicht im Vordergrund steht. Viele bevorzugten das herkömmliche Familienmodell mit dem Mann als Ernährer. «Die meisten Studentinnen wollen lieber einen erfolgreichen Mann, als selber Karriere machen», titelte die «SonntagsZeitung».

Was nicht sein darf, kann nicht sein, mögen sich einige gesagt haben. Das wird auch bei der Studie von Swiss Life nicht anders sein. Wobei die Herren des Lebensversicherers kaum den gleichen Shitstorm erleben dürften wie die Professorinnen der Uni Zürich.

Tja, ich gebe zu: Ich glaube auch nicht an jede Studie. Vor allem dann nicht, wenn der Absender vom Resultat einen unmittelbaren Nutzen zieht. Einen solchen Nutzen hatte jeweils die Credit Suisse, wenn sie uns mit dem Sorgenbarometer weismachen wollte, am meisten Sorgen würden den Jungen die Altersvorsorge bereiten. So ein Quatsch.

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