Eine Frage des Klimas
Wir sitzen leider im Kochtopf – und haben den Herd selbst angestellt

Sonia Seneviratne (48) ist ETH-Professorin für Land-Klima-Dynamik – und gilt als eine der einflussreichsten Schweizer Wissenschaftlerinnen. Heute geht sie der Frage nach, ob wir wirklich für die Erderwärmung verantwortlich sind.
Publiziert: 06.03.2023 um 11:27 Uhr
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Aktualisiert: 07.03.2023 um 16:26 Uhr
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Wir haben im letzten Jahrzehnt bereits 1,1 °C globale Erwärmung erreicht und nähern uns der im Pariser Abkommen festgelegten gefährlichen 1,5-°C-Grenze.
Foto: IPCC
Sonia I. Seneviratne

Fast niemand in der Politik bestreitet mehr, dass es den Klimawandel gibt. Einige suggerieren jedoch, dass unsere Emissionen nur einen Teil dazu beitragen. In der Tat zeigt der letzte IPCC-Bericht, dass die vom Menschen verursachten Emissionen für die gesamte beobachtete globale Erwärmung verantwortlich sind.

Wir haben im letzten Jahrzehnt bereits 1,1 °C globale Erwärmung erreicht und nähern uns der im Pariser Abkommen festgelegten gefährlichen 1,5-°C-Grenze. Aber sind wir wirklich für diese Veränderung verantwortlich? Und wenn ja, in welchem Ausmass?

Der neuste Weltklimarat/IPCC-Bericht liefert eine klare Antwort auf diese Frage (Abbildung 1). Die beste Schätzung des menschlichen Beitrags zur globalen Erwärmung während des letzten Jahrzehnts (2010–2019) liegt bei 1,1 °C. Wir sind also für die gesamte globale Erwärmung verantwortlich und nicht nur für einen Teil davon. Der entscheidende Faktor ist die Emission von Treibhausgasen, vor allem von CO2 (Verbrennung von Erdöl, Gas und Kohle). Ohne eine Verringerung der Erwärmung durch die ebenfalls vom Menschen verursachte Luftverschmutzung hätte die Erwärmung durch die Treibhausgasemissionen bereits 1,5 °C erreicht. Was die nicht vom Menschen verursachten Faktoren betrifft (solare und vulkanische Antriebsfaktoren, interne Klimavariabilität), so ist ihr Beitrag – ganz einfach – gleich null.

Aber wie lässt sich eine so klare Ursache-Wirkung-Verbindung erklären? Eigentlich ist es einfach. Wenn Sie einen Topf mit Wasser auf den Herd stellen und ihn anschalten, würden Sie sich nicht wundern, wenn das Wasser anfängt, heiss zu werden. Es nützt nichts, wenn Sie versuchen, irgendwelche abwegigen Erklärungen zu finden. Doch genau das tun wir mit dem Klimasystem. Jeder CO2-Ausstoss ist gleichbedeutend damit, den Herdknopf ein wenig weiter nach rechts zu drehen, und das auch noch unumkehrbar über Hunderte bis Tausende von Jahren. Früher oder später wird das Wasser im Topf anfangen zu kochen und überlaufen, aber im Moment erwärmt es sich und beginnt zu köcheln.

Ist die Schweiz davon betroffen? Die letzten Jahre haben diese Frage beantwortet. Sei es in Form von Schneemangel, Hitzewellen, Dürren, starken Niederschlägen oder schmelzenden Gletschern. Daher: Ja, wir sitzen leider im Kochtopf – und wir haben den Herd selbst angestellt.

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