Die Schweiz ist mental in der Nachkriegszeit stehen geblieben. Zumindest in der Familienpolitik. Das heutige System ist darauf angelegt, dass der Mann arbeitet und die Frau zu Hause nach den Kindern schaut. Mit der Realität hat das wenig zu tun. Gerade mal jedes fünfte Paar mit Kindern lebt heute nach diesem Modell. Heisst: Vier Fünftel teilen sich die Arbeit anders auf.
Fakt ist aber auch: Bei jenen Paaren, bei denen beide arbeiten, ist die Erwerbsarbeit ungleich aufgeteilt. Meist arbeitet der Mann Vollzeit und die Frau Teilzeit. Das mag mit dem verbreiteten traditionellen Rollenbild zu tun haben. Doch es ist eben auch eine Folge des aktuellen Systems. Dieses setzt keinerlei Anreize, dass sich Mann und Frau zu gleichen Teilen um die Kinder kümmern.
Vielmehr wird steuerlich belohnt, wenn der Mann zu hundert Prozent und die Frau gar nicht oder in kleinem Pensum arbeitet. Auch Kitaplätze sind so teuer, dass sich bei zwei Kindern eine Erhöhung des Arbeitspensums oftmals gar nicht lohnt. Dabei sind Kitas heutzutage Teil der staatlichen Infrastruktur – so wie Schulen oder Strassen. Viele europäische Länder haben das erkannt. In der Schweiz hingegen torpediert der Bundesrat eine Vorlage, die eine Vergünstigung der teuren Kitaplätze zum Zweck hat. Argument: die «angespannte finanzielle Situation».
Das ist ein Faustschlag ins Gesicht all jener, die sich für die Gleichstellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt einsetzen. Denn so lange Arbeitnehmer damit rechnen müssen, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes gar nicht oder mit Kleinstpensen zurückkehren – so lange haben sie keinen Anreiz, junge Frauen einzustellen oder gar zu fördern. Derselbe Bundesrat, der die Frauen aufruft, ihre Pensen zu erhöhen, sabotiert nun exakt diese Bemühungen.
Die hohen Kitakosten sind nur ein Puzzleteil der fehlgeleiteten Schweizer Familienpolitik. Denn Kinder sind keine Privatsache, wie es von bürgerlicher Seite so gerne heisst. Sie sind, im heutigen System, Frauensache: Diese sind es, die sich um die Kinder kümmern und beruflich zurückstecken.
Das zeigt sich exemplarisch am Fehlen einer Elternzeit. Der Mutterschaftsurlaub bedeutet ja: Die Frau kümmert sich um das Kind, damit der Vater so schnell wie möglich zurück ins Büro kann. Doch der Mutter hält niemand den Rücken frei, wenn sie wieder arbeiten möchte. Die Konsequenz davon: Die Mutter bleibt zu Hause – und der Vater lernt nie, sich alleine um sein eigenes Kind zu kümmern. Dementsprechend wenige Paare sorgen gemeinsam für die gemeinsam gezeugten Kinder.
Aber offenbar entspricht auch das dem Willen des Bundesrats.