Fehlende Daten zu Long Covid
Die unterschätzte Gefahr

Der Bund unterschätzt die Langzeitfolgen von Corona-Infektionen. Das könnte gravierende Folgen haben für unser Gesundheitssystem, meint SonntagsBlick-Reporter Sven Zaugg.
Publiziert: 16.01.2022 um 09:06 Uhr
«Bis heute existiert keine Meldesystem für Long-Covid-Fälle. ­Dabei wäre der Bundesrat eigentlich verpflichtet, die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen», sagt SonntagsBlick-Reporter Sven Zaugg.
Foto: Thomas Meier
Sven Zaugg

Klassische Alpenrundflüge in Kleinmaschinen finden in der Regel auf Sicht statt. Das geht so lange gut, bis sich der Himmel eintrübt und Turbulenzen aufziehen. Dann schaltet der Pilot auf Instrumentenflug um – sonst knallts.

Die Schweiz sitzt bildlich gesprochen gerade in einer solchen einmotorigen Maschine. Mit dem Unterschied, dass ihre Gesundheitspolitik nicht über die notwendigen Armaturen verfügt, um auch im dichten Pandemie-Nebel sicher zu navigieren. Insbesondere bei der unterschätzten Gefahr Long Covid.

Zwischen 10 und 30 Prozent der 1,7 Millionen Menschen, die sich laut offiziellen Angaben mit dem Virus infizierten, sind von Spätfolgen betroffen. Konservativ gerechnet sind das derzeit mindestens 170'000 Personen, die an Konzentrations- und Gedächtnisschwächen oder starker Müdigkeit leiden.

Um solche Langzeitfolgen zu antizipieren, bräuchte es dringend ein Meldesystem mit möglichst vielen soziodemografischen Informationen, das Ansteckungsquellen erfasst und differenziert Auskunft über Symptomatik und Verlauf von Long Covid geben könnte.

Bis heute existiert ein solches Meldesystem nicht. Dabei wäre der Bundesrat eigentlich verpflichtet, die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen: Beide Kammern des Parlaments haben entsprechenden Vorstössen zugestimmt.

Doch der Bundesrat sieht sich nicht in der Verantwortung. Gesundheit sei Sache der Kantone, sagt er ohne Rücksicht darauf, welche Folgekosten auf das Schweizer Gesundheitssystem zukommen könnten.

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