Nemos Song handelt von einer Utopie: «Ich werde aus den Ketten ausbrechen. Ich ging durch die Hölle und zurück. Jetzt habe ich das Paradies gefunden.» Nemos Song gleicht einem Evangelium: Die tiefsten Abgründe führen ins grösste Glück, auf Leiden folgt Auferstehung. Was die Bibel in vielen Geschichten erzählt, bringt Nemo in drei Minuten auf den Punkt. Mit einer Stimme, die für einen Eurovision Song Contest fast zu gut ist: Sein Wechsel zwischen Sprech-, Brust- und Kopfstimme ist virtuos.
Die Welt ist bunt, lebendig, mehrdeutig
Der voyeuristische Blick konzentriert sich auf Nemos Fingernägel, Zuckerwatten-Outfit und Non-Binarität. Der/die Künstler*in kontert das so: «Ich knackte den Code. Irgendwo zwischen 0 und 1 habe ich mein Reich gefunden.» Anders als die Informatik, die zum Rechnen nur 0 und 1 braucht, ist die Welt bunter, lebendiger und mehrdeutiger – wie Nemo.
Nemo verkörpert eine universale Botschaft. Nemo zeigt eine Welt, in der eine queere Ikone und ein gläubiger Katholik gemeinsam auf die Reise gehen können. Nemo träumt nicht vom Himmelreich; Nemo lebt bereits im Paradies. Allerdings in einem, das uns nicht geschenkt wird, sondern für das wir etwas tun müssen.
Die Welt braucht mehr Nemo
Leider ist die Welt kein Popsong. Die israelische Sängerin Eden Golan durfte kein Klagelied über den 7. Oktober singen – zu politisch für die ESC-Bubble. Ein antisemitischer Mob tobte durch Malmö. Und der niederländische Sänger Joost Klein verhielt sich unkollegial – er wurde zu Recht disqualifiziert. Erneut zeigt sich: Die Welt braucht mehr Frieden, mehr Liebe, mehr Paradies. Mehr Nemo!