Der öffentliche Rundfunk kann einem fast leidtun. Da gibt sich SRF alle Mühe, die Vorzüge des Service public anzupreisen, und setzt das Publikum permanent Querverweisen und Inhouse-Werbung aus, seit die SVP-Halbierungsinitiative am Horizont aufgetaucht ist. Die Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler sollen jetzt erst recht erfahren, was sie alles für ihr Geld kriegen.
Und was passiert? Skandale und Skandälchen – gefühlt im Wochenrhythmus. Komikerinnen begehren auf, weil nur Männer als Nachfolger von Sonntagabend-Host Dominic Deville auserkoren wurden. Dann die Posse um das Kreuz am Halsketteli von Moderatorin Wasiliki Goutziomitros, das offenbar den Hausregeln widerspricht.
Zu den besonders gefeierten Stoffen gehört der Dokfilm «The Pressure Game» über die Schweizer Fussball-Nati. In den Newssendungen bot man dem Regisseur die grosse Bühne, um über sein Werk zu reden. Der extern produzierte Streifen ist ein Prestigeprojekt, für das die SRG einen dicken Batzen aufwendete.
Ausgerechnet aus diesem Themengebiet kam diese Woche die neuste Affäre: Ist Sascha Ruefer, polarisierender Posterboy des Schweizer Sportjournalismus, ein Rassist? Der Fussballkommentator mit dem Lausbubengesicht liess seine Äusserung, der kosovarischstämmige Nati-Captain Granit Xhaka sei «vieles», nur kein Schweizer, aus einem Beitrag herausschneiden.
Der Kreis der Mitwisser war klein. Dennoch schaffte es die Information am Donnerstag in die «Wochenzeitung», die den Vorgang dankbar publik machte. Integrationsdebatte, Nationalismus, echte und falsche Schweizer, König Fussball: Für einen Aufreger sind alle Zutaten vorhanden.
Besonders heikel für die SRG ist Kritik aus dem linken Lager, das gewöhnlich in flammender Treue an ihrer Seite steht und für die kommenden Auseinandersetzungen als wichtiger Verbündeter gilt. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth liess sich bereits mit dem landesväterlichen Aufruf vernehmen, die Debatte doch bitte zu beenden.
Aussenstehende mögen den Knatsch als österliche Feiertagsunterhaltung abbuchen – für die SRG jedoch sind die Dauerangriffe gefährlich. Die Öffentlich-Rechtlichen stehen von Österreich über Deutschland bis Grossbritannien unter Druck. Der gebührenfinanzierte Lustgarten ist zur Kampfzone geworden.
Deshalb ist die Entscheidung nur folgerichtig, dass Ruefer nun hinsteht und im SonntagsBlick für Klärung sorgt. Xhaka sei für ihn «selbstverständlich» ein Schweizer, beteuert der Talker im Interview.
Ruefer dürfte sowieso bewusst sein, dass er im Secondo-Sport Nummer eins tätig ist. Wollte er mehr mit Bio-Schweizern zu tun haben, müsste er Skirennen kommentieren.
Ruefers Vorgänger Beni Thurnheer schliesslich bezeichnete seine Funktion einst als «Schnurri der Nation». Und wer sein Geld als «Schnurri» verdient, trägt sein Herz nun mal auf der Zunge.
Am Leutschenbach aber dürfte der medienpolitische Gegenwind so oder so nicht abflauen. SRF kann einem fast leidtun.