Nur knapp schlitterte die Welt an einer Katastrophe vorbei. Nämlich als nach Südafrika, Skandinavien und zahlreichen anderen Ländern auch Deutschland plötzlich Astrazeneca stoppte. An dem Vektorimpfstoff hängt die Impfstrategie der EU und der Entwicklungsländer. Ohne Astrazeneca würde sich die Impfkampagne dort um Monate, wenn nicht Jahre verzögern – mit dem erhöhten Risiko, dass sich zwischenzeitlich gefährliche Mutationen und neue Virusvarianten entwickeln.
Am Donnerstag bekräftigte die Europäische Arzneimittelbehörde die Sicherheit von Astrazenca, der WHO-Experte Bruce Aylward nannte es am Freitag ein «grossartiges Vakzin». Die Impfkampagne rollt europaweit wieder an. Der britisch-schwedische Hersteller rechnet auch in der Schweiz mit einer Zulassung; Bern hat insgesamt 5,3 Millionen Dosen bestellt.
Auf dem Papier ist Astrazeneca rehabilitiert – doch der Makel bleibt. In Deutschland entwickelte sich der Impfstoff schon vor der kurzzeitigen Aussetzung dermassen zum Ladenhüter, dass Bundesländer die Impfreihenfolge fallen liessen.
Dabei sind die Risiken minimal, der Nutzen enorm hoch. Eine vollständige Impfung schützt zu 100 Prozent vor einem schweren Verlauf. Die Chance, eine Astrazeneca-Impfung zu bereuen, liege bei 1 zu 100'000, schätzt der deutsche Gesundheitsexperte und SPD-Politiker Karl Lauterbach.
Wie um die Debatte zu beenden, liess sich Briten-Premier Boris Johnson am Freitag seinen ersten Astrazeneca-Schuss setzen. «Let's get the jab done», twitterte Grossbritanniens Regierungschef dazu. Dank Astrazeneca haben auf der Insel bereits 40,7 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfdosis erhalten.