Kaum hat die Verwaltung das Online-Inserat für Nathalie Schneiders (24) Wohnung Mitte August aufgeschaltet, kam ein Anruf nach dem anderen auf ihrem Handy rein.
Die 200 Franken für das Wohnungsinserat hätte sich die junge Frau sparen können. «Ich hätte nicht gedacht, dass das Interesse an meiner Wohnung an dieser Lage so gross ist. Wer kennt schon Schleinikon», so die Fachfrau für Betreuung in einer Kita. Sogar Geld wurde ihr für ihre Mietwohnung von Interessenten angeboten.
Einschränkungen und weitere Wege für Wohnungssuchende
Besonders begehrt ist die ländliche Gemeinde nicht unbedingt für Wohnungssuchende. Aufgrund des Mangels an bezahlbaren Wohnungen zieht es aber immer mehr Wohnungssuchende aus den Städten auch in abgelegenere Wohngegenden, ausserhalb der bevorzugten Wohnlagen.
Wer auf Wohnungssuche ist, muss immer häufiger den Suchradius erweitern und weitere Wege sowie andere Einschränkungen in Kauf nehmen – selbst in sehr ländlichen Gebieten sind Wohnungen längst knapp.
Das zeigt auch das Beispiel von Nathalie Schneider aus Schleinikon ZH. Rund 900 Einwohner hat die kleine Zürcher Unterländer Gemeinde. Bis zur Stadtgrenze von Zürich sind es etwa 20 Minuten Autofahrt, nach Baden AG etwa 15 Minuten mit dem Auto. Es gibt weder einen Bahnhof im Dorf noch Einkaufsmöglichkeiten. Die S-Bahn nach Zürich fährt im Halbstundentakt und nach Baden verkehrt nur das Postauto in der angrenzenden Gemeinde Niederweningen ZH. Trotzdem zeigten etwa 30 Personen Interesse an Schneiders preiswerter Wohnung.
Bezahlbare erste eigene Wohnung
Für Schneider waren fehlende Einkaufsmöglichkeiten und eingeschränkte öffentliche Verkehrsmittel kein Problem. Sie hat als Erstbezügerin während zwei Jahren gern in der Neubauwohnung gelebt. Einzig der Lärm der Hauptstrasse störte sie mit der Zeit. «Es war meine erste eigene Wohnung. Mir gefiel sie und der Preis war vernünftig. Ich wollte auch in der Nähe meiner Eltern wohnen, spiele in der Nähe Fussball und bin auch ländlich aufgewachsen», sagt die 23-Jährige.
Für ihre moderne 2,5-Zimmer-Wohnung, mit eigener Waschmaschine und Tumbler, beläuft sich die Nettomiete monatlich auf 1160 Franken, zuzüglich 125 Franken Nebenkosten und Garagenplatz. Weil Schneider Geld sparen möchte für eine längere Reise und einen Sprachaufenthalt im nächsten Sommer, zieht sie zurück ins Elternhaus, das ebenfalls im Wehntal liegt. Darum hat sie die Wohnung ausserterminlich gekündigt.
Gemischte Interessenten bei der Besichtigung
Schneider hat nur einen einzigen Besichtigungstermin mit den Interessierten vereinbart und alle an einem Samstag zu sich nach Schleinikon eingeladen. «Es kamen jüngere und ältere Einzelpersonen und auch ein Paar war dabei», sagt sie.
Von einigen Interessenten, denen sie ein Anmeldeformular der Verwaltung abgegeben hat, weiss Schneider, dass sie schon lange auf Wohnungssuche sind und mehrfach Absagen erhalten haben.
Mietvertrag für Nachmieter innert kürzester Zeit
Nach zwei Tagen wurde das Wohnungsinserat von der Verwaltung auch schon wieder offline genommen und die Wohnung vergeben. Ein junger Mann, der schon länger auf Wohnungssuche war, wird in diesen Tagen in Schleinikon in die Mietwohnung als Schneiders Nachmieter einziehen.
Für die Kita-Angestellte heisst es jetzt noch, einen Teil des Mobiliars verkaufen, die letzten Kisten packen, zügeln, die Wohnung fertig putzen und sie dann dem glücklichen Nachfolger übergeben.