Schweizer Auswanderer zeigt sein Tiny House in Norwegen
4:31
Rundgang durchs Tiny House:«Man muss auf keinen Luxus verzichten»

Leben auf kleinstem Raum im Wald
Schweizer Auswanderer zeigt sein Tiny House in Norwegen

Seit über 30 Jahren lebt der Schweizer Michael Matzinger (59) in Norwegen. In einem Wald in der Region von Oslo ist er in einem schmucken Tiny House Zuhause.
Publiziert: 10.03.2024 um 12:14 Uhr
|
Aktualisiert: 17.04.2024 um 09:12 Uhr
1/35
Das Traumhäuschen mit Terrasse des Schweizers Michael Matzinger in Norwegen. Nach einer Neuorientierung vor drei Jahren hat er für sich diese reduzierte Wohnform für sich entdeckt.
Foto: Zvg
RMS_Portrait_AUTOR_1184.JPG
Corine Turrini FluryRedaktorin Wohnen

Aufgewachsen ist Michael Matzinger (59) in Schaffhausen. «Schon in meiner Kindheit hatte ich den Traum, später in Schweden zu leben und war immer vom Norden angetan», erzählt der gelernte Zahntechniker im Gespräch mit Blick.

Statt Schweden wurde aber Norwegen seine neue Heimat. Schuld daran war wie so oft die Liebe. Kennengelernt hat er seine Frau in Schaffhausen, wo die Norwegerin als Au-pair tätig war. «Wir waren jung und beide noch in Ausbildung und als sie zurück nach Norwegen ging, war ich ein paar Mal dort, bis ich dann vor über 30 Jahren ganz nach Norwegen gezogen bin», sagt Matzinger.

Wendepunkt und Neuorientierung

Er schwärmt von der Natur, der Grösse des Landes und den vielen Freiheiten, die sich daher bieten. «Von der Mentalität sind Norweger den Deutschschweizern ähnlich. Hier zu leben, ist kein Kulturschock», so der Schweizer lachend. Die Lebensqualität sei gut und er schätze die lockere Lebensart. Zudem habe er über die Jahre den Wirtschafts- und das Wohlstandswachstum seiner Zweitheimat miterlebt. «Ich habe gleich zweimal einen Lotto-Sechser. Ich bin im reichsten Land geboren und aufgewachsen und lebe hier wieder in einem reichen Land. Dafür bin ich dankbar», sagt Matzinger, der schon lange neben dem Schweizer Pass auch die Staatsbürgerschaft von Norwegen hat.

Mit seiner Frau und den beiden inzwischen erwachsenen Töchtern lebte er bis zur Scheidung vor drei Jahren in einem grossen Haus mit grossem Garten in der Nähe von Oslo. «Die Scheidung war ein grosser Wendepunkt in meinem Leben und eine Neuorientierung. Ich habe mir Gedanken gemacht, wie und wo ich künftig leben möchte.» Ein Leben in einer Wohnung war nicht sein Ding. So kam irgendwann die Idee eines Tiny House.

Grauzone für Kleinwohnformen

In einem Waldstück mietet der Schweizer seit vielen Jahren eine alte Hütte. Jeden Winter fällen er und seine Freunde für den Bauern und Waldbesitzer Holz und unterhalten die einfache Waldhütte zum Schnäppchenpreis. «Das Brennholz können wir behalten. Uns macht die körperlich strenge Arbeit aber auch Spass. Das ist wie Fitness im Freien und ein guter Ausgleich zu meiner Bürotätigkeit», erklärt Matzinger.

Matzinger fragte den Waldbesitzer an, ob er ein Tiny House bei ihm im Wald aufstellen könne und erhielt prompt die Zusage. Für das Grundstück bezahlt er monatlich umgerechnet rund 80 Franken. Schwieriger war sein Plan in der Umsetzung mit der Gemeinde. Sie erlaubten ihm nicht, permanent in seinem Tiny House zu wohnen. «Da war ich für einmal Rebell und stellte mein Haus trotzdem auf und bin eingezogen», so Matzinger.

Die Regelungen für diese Kleinwohnform sei in Norwegen nicht klar geregelt. Am Fjord und den Flüssen seien einige Hütten darum unbewilligt bewohnt. «Die Behörden haben aber Besseres zu tun, als das zu kontrollieren und ich bin ordentlich angemeldet bei einem Freund. Ein norwegisches Fernsehteam hat mein Tiny House und mich schon gefilmt, ohne dass es Ärger gab», so der Schweizer. Schlimmstenfalls könne sein fahrbares Haus, das er für rund 100’000 Franken gekauft hat, auch umplatziert werden.

Wenig Wohnfläche wird im Freien ergänzt

Seither wohnt der Schweizer auf gerade noch 20 Quadratmetern und vermisst gar nichts. In der unteren Etage hat er den Wohnbereich und die Küche, sowie ein abgetrenntes Badezimmer mit Dusche. Im oberen Bereich, mit drei Fenstern, die für ausreichend Licht sorgen, hat er sein Bett.

«Ich wollte und musste mich reduzieren und habe nur noch, was nötig ist. Ein nachhaltiger Lebensstil entspricht aber auch meiner Überzeugung.» Die Terrasse und eine Outdoor-Küche hat er selber gebaut. Hier hat er auch reichlich Platz für Besuche und zum Feiern mit Freunden. «Im Sommer spielt sich mein Leben vorwiegend draussen ab. Ich schlafe da auch im Freien und habe in der Natur das schönste Schlafzimmer», sagt er.

Betrieb in der Hauptstadt, Ruhe im Wald

Aktuell liegt in Norwegen noch Schnee. Für den Schweizer ist es der dritte Winter in seinem Tiny House. In dieser Jahreszeit ist es noch ruhiger im Wald nahe beim Fjord, wo sich Fuchs und Eichhörnchen gute Nacht sagen. «Meine Töchter machten sich anfangs Sorgen, dass ich hier zum Einsiedler werde. Dem ist aber nicht so», sagt er lachend.

Mit seiner jüngeren Tochter, die in der Nähe von Oslo lebt, trifft er sich fast wöchentlich in der Hauptstadt zum traditionellen Saunabesuch. Tagsüber arbeitet er auch in der Stadt Oslo, wo er Einkäufe erledigt und Kontakte pflegt. Knapp eine Stunde mit Auto und Zug braucht er für seinen täglichen Arbeitsweg in die Hauptstadt. «In Oslo herrscht viel Betrieb. Ich geniesse daher den Gegensatz, wenn ich nach Hause komme in diese Ruhe inmitten der Natur», sagt Matzinger.

Neue Pläne in neuer Heimat

Trotz allem hat er sich entschlossen, sein Traumhäuschen zu verkaufen, seinen Job zu kündigen und Norwegen zu verlassen. «Ich habe ein One-Way-Ticket mit leichtem Gepäck nach Südafrika gebucht», sagt Matzinger lachend. Wieder folgt er der Liebe. Er wird im Frühling zu seiner neuen Partnerin, die er auf einer Safari in Südafrika kennengelernt hat, ins Königreich Eswatini in Südafrika ziehen. Vorerst in ein grosses Haus mit riesigem Grundstück auf dem Land, das seiner Partnerin gehört. «Sie ist auch naturverbunden, war auch schon mehrmals bei mir und fühlte sich wohl», sagt der Schweizer.

In Eswatini hat er auch schon ein neues Projekt und möchte drei Container zu Gästehäusern mit Farmbetrieb umbauen. Sorgen um die Zukunft macht sich der Doppelbürger nicht. «Wenn alle Stricke reissen, kann ich jederzeit wieder hierhin zurück und ein neues Tiny House aufstellen.» Zudem hätten Arbeitskräfte in Norwegen im Gegensatz zur Schweiz, auch als Ü60 gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt und deren Erfahrung werde geschätzt, weiss er. Überzeugt sagt Michael Matzinger: «Ich habe in den letzten Jahren erlebt, dass man mit wenig Besitz, auf wenigen Quadratmetern sehr glücklich leben kann.»

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?