«Ich habe es nicht sehr weit gebracht», sagt Claudia Landerer (68) lachend. Im Wetzikoner Quartier Robenhausen im Zürcher Oberland wurden schon ihre beiden längst erwachsenen Söhne geboren. «Es waren beides Hausgeburten. Ich war auch als Ärztin bei etwa 100 Geburten von Kindern aus der Umgebung dabei», so Landerer. Nach der Scheidung lebte die vor einem Jahr pensionierte Allgemeinärztin weiter im ländlichen Robenhausen und arbeitete in ihrer Praxis in Wetzikon. Landerer: «Ich bin WG erprobt und habe bei verschiedenen Familien in und um Robenhausen zeitweise gewohnt.»
Kaufangebot durch altersbedingten Umzug der Nachbarin
Vor neun Jahren konnte die Ärztin einen älteren Hausteil eines Flarzhaus im historischen Dorfkern von Robenhausen kaufen, den sie mit ihrer Lebenspartnerin Lisa Blöchlinger bewohnt. Als ihr der vordere Teil der angebauten Liegenschaft zum Kauf angeboten wurde, weil die ältere Frau im unpraktischen, sanierungsbedürftigen Haus nicht mehr leben konnte, zögerte Landerer nicht lang mit der Kaufzusage. Sie bedauerte den altersbedingten Auszug der alten Nachbarin und weiss auch aus ihrer beruflichen Tätigkeit, wie schwer es alten Menschen oft fällt, wenn sie umziehen müssen, weil Wohnung oder Haus nicht altersgerecht sind. «Ich hatte darum die Idee, statt normale Mietwohnungen eine Alters-WG mit Generationen-Treffpunkt im angebauten Hausteil zu machen. Einen konkreten Plan für die Realisierung hatte ich aber noch nicht», sagt Landerer.
Idee mit Quartierbewohnern und Vereinsgründung
Beim Joggen habe sie dann den Quartierbewohner Daniel Müller getroffen und sich über die WG-Idee mit Generationen-Treffpunkt ausgetauscht. Müller, der sich zu diesem Zeitpunkt beruflich selbständig machte, zeigte sich begeistert und gemeinsam konkretisierten sie die Idee. Damit war der Grundstein gelegt für das Projekt «Viva Robenhausen» und den im Mai 2022 neu gegründeten gleichnamigen Trägerverein mit lokal verwurzelten ehrenamtlich tätigen Gründungsmitgliedern. Der gemeinnützige Verein organisiert den Betrieb der begleiteten Alters-Wohngemeinschaft und des Generationen-Treffpunkts Robenhausen.
Wichtige Unterstützung zur Betriebsfinanzierung
Landerers Liegenschaft inklusive separatem Garagengebäude, das zum Generationen-Treffpunkt und darüberliegendem Einzimmer-Studio umgebaut wurde, bleibt im Besitz von Claudia Landerer, die ebenfalls im Vorstand des Vereins aktiv tätig ist. Sie hat sich für den Kauf und den Umbau ihre Pensionskasse auszahlen lassen. Der Betreiberverein wird unter anderem durch private Spenden und Geld aus Stiftungen finanziert. «Unterstützt wurde unser mit Fachleuten erarbeitetes Konzept für dieses begleitete Alterswohnprojekt mit generationenübergreifendem Treffpunkt auch von der Stadt Wetzikon», erklärt Landerer. Die Leistungsvereinbarung mit der Stadt Wetzikon im Rahmen ihrer Altersstrategie war ein Meilenstein für das Projekt. Damit und weiteren Einnahmen mit ist die Betriebsfinanzierung von Viva Robenhausen über die nächsten vier Jahre gesichert.
Einbezug von Denkmalpflege und freiwilligen Helfenden
Im Juni 2023 wurde die Baufreigabe für das Vorhaben erteilt. Im Erdgeschoss der alten Wohnung wurde eine hindernisfreie Wohnung mit gemeinsam genutzter offener Küche und Wohn-/Esszimmerzimmer, Lese- oder Fernsehzimmer, sowie vier Schlafzimmern und zwei Badezimmern geplant. «Da die alte Liegenschaft im Ortskern liegt, war die Ausarbeitung des Projekts für die Architekten nicht ganz einfach», so Landerer. Unter Einbezug der Denkmalpflege konnte aber ein moderner Ersatzbau realisiert werden, der sich an bestehenden Bauten im Quartier orientiert. Weitgehend wurden Elemente des bestehenden Baus wie das flach geneigte Ziegeldach, sowie das verputzte Sockelgeschoss und die Holzfassade im Obergeschoss übernommen. Um Kosten zu sparen, arbeiteten auch immer wieder Freiwillige unter Beizug von Fachpersonen am Bau mit, wie beispielsweise bei den Arbeiten der Fotovoltaikanlage.
Altersgemischtes Quartier mit gutem Kontakt unter Nachbarschaft
Während der ganzen Planung und Umsetzung wurden die Nachbarn und Interessierte immer miteinbezogen. Generell werde in Robenhausen noch nachbarschaftliche Gemeinschaft zwischen Jung und Alt gepflegt und gelebt, so Landerer. Das soll auch so bleiben. «In unserem grossen Garten spielen oft Kinder aus der Nachbarschaft oder man trifft sich. Wir haben auch schon Open-Air-Kino im Garten veranstaltet», sagt Claudia Landerer. Bei gemeinsamen Aktivitäten sind auch die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner willkommen.
Besichtigungstermin und freie Unterkünfte
Die Fertigstellung des Baus ist auf der Zielgeraden. Die Möblierung und Einrichtung der gemeinschaftlich genutzten Räume, die mit weiteren Spendengeldern finanziert werden soll, steht noch an, sowie die Gestaltung des Aussenbereichs.
Am 15. Juni soll ein Tag der offenen Tür für Interessierte veranstaltet werden. Zur Vermietung steht ebenfalls die neue Dreieineinhalbzimmer-Maisonnette-Wohnung im Obergeschoss, die sich auch für eine Familie mit Kindern eignet, ausserdem das neue Studio mit eigener Küche im Nebengebäude – der ehemaligen Garage über dem neuen Gemeinschafts- und Versammlungsraum. Claudia Landerer: «Wir haben einige Interessierte für die Wohngemeinschaft, aber wir merken, dass der Schritt zum Wohnungswechsel älteren Personen schwerfällt. Ein erster Senior hat sich aber für die WG angemeldet.» Für 1500 Franken monatlich, inklusive Reinigung und diversen Dienstleistungen, kann er sein WG-Zimmer im Erdgeschoss ab Sommer beziehen. Wo nötig, wird er vom weithin auch operativ tätigen Vorstand begleitet und unterstützt. Später soll in Teilzeit eine Ansprechperson angestellt werden. «Wir haben ein Notfallkonzept erstellt und ein Teil des Vorstandsteams lebt im Quartier und ist bei Bedarf verfügbar», so die pensionierte Ärztin.
Einzigartige Pluspunkte
Auch wenn Landerer nicht mehr als praktizierende Ärztin tätig ist, kann sie ihr medizinisches Fachwissen bei Bedarf einbringen und nötige Massnahmen einleiten. Ausserdem ist Ihre Lebenspartnerin Lisa Blöchlinger Allgemeinärztin und arbeitet in einer nahen Arztpraxis. Damit kann das neu geschaffene Alterswohnangebot im Zürcher Oberland wohl punkten wie kaum ein anderes: Wo sonst noch sind in einem lebendigen, Quartier neu zugezogene Seniorinnen und Senioren so willkommen und können dazu noch Tür an Tür mit zwei Ärztinnen wohnen?