«Kolumbus des Kosmos»
Juri Gagarin auch 50 Jahre nach seinem Tod noch hochverehrt

Moskau – «Kolumbus des Kosmos» und «erster Pop-Star des Ostblocks»: Mit seinem Flug ins All wird der Kosmonaut Juri Gagarin 1961 zur Legende. Auch 50 Jahre nach seinem Tod ist er Vorbild für junge Raumfahrer.
Publiziert: 27.03.2018 um 09:20 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 18:45 Uhr
Der legendäre Kosmonaut war auch im Westen ein Star: Juri Gagarin bei einem Besuch in London 1961. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/STR

Am legendären Raumfahrtpionier Juri Gagarin gibt es für den deutschen Astronauten Alexander Gerst kein Vorbeikommen, auch nicht 50 Jahre nach dem tragischen Tod des ersten Menschen im All. Denn wenn Gerst im Ausbildungszentrum bei Moskau zum Training für seinen Flug zur Internationalen Raumstation ISS im Juni geht, begleitet ihn Gagarin auf Schritt und Tritt.

Verehrung von Juri Gagarin in Russland

Eine Statue vor den Wohnblocks erinnert an den «Kolumbus des Kosmos», am Eingang zum Trainingszentrum grüsst ein Bronze-Gagarin, und wenn die Zentrifuge Gerst mit einem Vielfachen der Erdbeschleunigung im Kreis wirbelt, wacht ein riesiges Bild des sowjetischen Helden über die Übung.

Heute wäre Gagarin 84 Jahre alt. Einige seiner Kosmonauten-Kollegen aus den ersten Tagen der bemannten Raumfahrt leben noch und werden in Russland als Helden gefeiert. Doch niemand wird so verehrt wie Juri Alexejewitsch Gagarin.

1968 kam der damals 34-jährige Offizier beim Testflug mit einem Mig-15-Kampfjet gemeinsam mit seinem Kollegen Wladimir Serjogin ums Leben. Pilotenfehler oder technische Panne - um die Umstände ranken sich noch immer Gerüchte und Theorien. Gagarins Tod jährt sich am (heutigen) Dienstag zum 50. Mal.

Gagarin habe das Idealbild eines gewöhnlichen Sowjetbürgers aus einer Arbeiterfamilie verkörpert, sagt der Experte Wjatscheslaw Klimentow über den Kult. «Er war ungewöhnlich, mitreissend und zugleich einer von uns. Und er hatte dieses geniale Lächeln», sagte der Vizeleiter des Raumfahrtmuseums in Moskau der Nachrichtenagentur dpa.

Der sowjetische Kosmonaut Juri Alexejewitsch Gagarin wurde am 9. März 1934 im Dorf Kluschino (Russland) geboren und starb am 27. März 1968 bei einem Übungsflug. Er war der erste Mensch im Weltall und Oberst der sowjetischen Luftstreitkräfte. (Undatiertes Porträt)
Foto: key

Erster Mensch im All

Sein Flug ins All vom 12. April 1961 machte Gagarin zur Legende. Mit der Kapsel «Wostok-1» umrundete er in 108 Minuten als erster Mensch die Erde. Er war es, der den Ausdruck vom «Blauen Planeten» prägte.

Damals triumphierte die Sowjetunion im Rennen mit den USA um die Eroberung des Kosmos. Die Propaganda zeichnete das Bild eines makellosen Offiziers, das bis heute in Russland gepflegt wird. Nichts verdeutlichte den Erfolg des Kommunismus im Kalten Krieg strahlender als das charismatische Lächeln des jungen Obersten.

Über die geografischen und ideologischen Grenzen der Sowjetunion hinaus wurde Gagarin als «erster Pop-Star des Ostblocks» gefeiert. Auch die britische Königin Elizabeth II. empfing ihn 1961.

Rund um den Globus wird Gagarin mit Denkmälern geehrt. Sein Grab an der Kreml-Mauer in Moskau ist eine von zahlreichen Pilgerstätten. Tattoos, T-Shirts oder Tassen - der Raumfahrtheld ist auch ein erfolgreiches Marketingobjekt geworden. Einer Umfrage zufolge halten die Russen Gagarin für das grösste Idol des 20. Jahrhunderts.

Das Leben von Gagarin

Dabei war der zweifache Familienvater nach der Überlieferung seiner Frau Valentina bodenständig. «Es ist unangenehm, dass ich in den Berichten der Journalisten wie ein übermenschliches Wesen wirke. Ich habe, so wie andere Menschen, meine Fehler», zitierte sie ihn in ihrem Buch «108 Minuten und das ganze Leben».

Geboren am 9. März 1934 wuchs Gagarin als Sohn einer Bäuerin und eines Schreiners im Dorf Kluschino rund 180 Kilometer westlich von Moskau auf. Er begann eine Ausbildung zum Giesser, musste 1955 zur Armee und liess sich zum Kampfpiloten ausbilden.

Hart trainierte Gagarin für seinen streng geheimen Flug, bewahrte dabei aber Humor. «Ich weiss nicht, wer ich bin: der erste Mensch oder der letzte Hund im Weltall», sagte er über die Ausbildung. Vor ihm hatte Moskau mehrere Hunde ins All geschickt - viele kamen dabei um.

Juri Gagarin (l.), der erste Mensch im All, mit dem Konstrukteur des Sputnik, Sergej Koroljow.
Foto: AP

Seine Legende dient als Vorbild für junge Raumfahrer

Smart, stark, integer: Die heutige Raumfahrer-Generation knüpfe an das überlieferte Bild von Gagarin an, sagen Branchenkenner. «In jedem Raumfahrer steckt etwas, das an Gagarin erinnert», sagt Klimentow. Jeder setze sich klare Ziele, sei gut ausgebildet und sportlich. Das gelte sowohl für russische Kosmonauten wie Anton Schkaplerow, der seit Dezember auf der Internationalen Raumstation ISS im Einsatz ist, als auch für Gerst, der bei seiner zweiten Mission diesen Sommer der erste deutsche Kommandant der Station wird.

Für René Pischel, Vertreter der Europäischen Raumfahrtagentur Esa in Moskau, ist Gerst ein Held der heutigen Zeit. «Etwas so komplexes wie die Raumfahrt lässt sich am besten über Personen vermitteln. Gerst macht das aus meiner Sicht sehr erfolgreich, und er hat das richtige Talent, mit seinen Büchern und seiner Medienarbeit junge Menschen für die Wissenschaft zu begeistern», sagt Pischel. Unter dem Namen «Astro-Alex» ist Gerst vor allem bei Twitter sehr aktiv. (SDA)

Die wichtigsten Daten zu «Sputnik 1»

(Moskau) Vor 60 Jahren, am 4. Oktober 1957, schoss die Sowjetunion den ersten künstlichen Satelliten «Sputnik 1» (Begleiter) in eine Umlaufbahn um die Erde. Seine technischen Daten:

  • Gewicht: 83,6 Kilogramm
     
  • Grösse: 58 Zentimeter Durchmesser der Kugel mit Antennen zwischen 2,4 und 2,9 Metern
     
  • Flughöhe: zwischen 288 und 947 Kilometern über der Erde
     
  • Berühmtes Piep-Signal: 314,5 Sekunden nach dem Start
     
  • Flugdauer: 92 Tage (bis 4. Januar 1958); Signal 2 Wochen gesendet
     
  • Erdumrundungen: 1440 (rund 60 Millionen Kilometer)

Mehr zum ersten Satelliten in der Erdumlaufbahn erfahren Sie hier.

 

Nicht viel grösser als ein Basketball und gerade mal 84 Kilogramm schwer: der Sputnik.
Nicht viel grösser als ein Basketball und gerade mal 84 Kilogramm schwer: der Sputnik.
NASA

(Moskau) Vor 60 Jahren, am 4. Oktober 1957, schoss die Sowjetunion den ersten künstlichen Satelliten «Sputnik 1» (Begleiter) in eine Umlaufbahn um die Erde. Seine technischen Daten:

  • Gewicht: 83,6 Kilogramm
     
  • Grösse: 58 Zentimeter Durchmesser der Kugel mit Antennen zwischen 2,4 und 2,9 Metern
     
  • Flughöhe: zwischen 288 und 947 Kilometern über der Erde
     
  • Berühmtes Piep-Signal: 314,5 Sekunden nach dem Start
     
  • Flugdauer: 92 Tage (bis 4. Januar 1958); Signal 2 Wochen gesendet
     
  • Erdumrundungen: 1440 (rund 60 Millionen Kilometer)

Mehr zum ersten Satelliten in der Erdumlaufbahn erfahren Sie hier.

 

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden